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Birgit Apitzsch / Karen A. Shire / Steffen Heinrich / Hannelore Mottweiler / Markus Tünte

Flexibilität und Beschäftigungswandel

Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2015 (Arbeitsgesellschaft im Wandel); 118 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-7799-3046-4
Nicht grundlos hält die Konjunktur von arbeitsmarktpolitischen und sozialstrukturellen Forschungen an. Wandlungsprozesse, die unter Begrifflichkeiten der Flexibilisierung, Prekarisierung oder der atypischen Beschäftigungsverhältnisse subsumiert werden, konstituieren und verändern unaufhaltsam eine zunehmende Zahl an Lebenswirklichkeiten in der modernen Arbeitsgesellschaft. Ohne jeden Zweifel bereichert dieses eher an den institutionellen und strukturellen Veränderungsprozessen interessierte Buch einer Forschungsgruppe der Universität Duisburg‑Essen die aktuelle wissenschaftliche Studienlage in dreierlei Hinsicht. Zunächst kommen die Autoren trotz einer gelungenen Zusammenfassung von flexiblen Beschäftigungsverhältnissen ohne unnötige Redundanz aus. Dabei liegt der Fokus hauptsächlich auf der mit dem Recht verknüpften Prekarisierung, die sich insbesondere auf die Integration in soziale Sicherungssysteme auswirkt. Zweitens führen die weitreichenden theoretischen Überlegungen zum Niedriglohnsektor zu einer statistischen Erweiterung bisheriger empirischer Modelle um die Faktoren Wirtschaftssektor, Beschäftigungsform und sozialstrukturelle Merkmale. Neben der Bestätigung bisheriger Ergebnisse, wie etwa dass Beschäftigte in einfachen, überwiegend personenbezogenen Dienstleistungen überproportional stark von atypischer Beschäftigung und Prekarisierungsrisiken betroffen sind, zeigen sie, dass die Grenzen zwischen internen und externen Arbeitsmärkten sowie innerbetrieblichen Segmentierungen verschwimmen, sodass diese Bereiche nicht mehr trennscharf unterschieden werden können. Die Strategien der externen Personalflexibilisierung lassen die Nutzung atypischer Beschäftigung heterogener werden und haben Konsequenzen für die sozialen Beschäftigungsrisiken. Vor diesem Hintergrund sehen die Autoren Beschäftigungswandel zunehmend als Informalisierung. Dabei wird drittens die Verbindung des empirischen Charakters mit der Generierung neuer Erkenntnisse und theoretischen Überlegungen deutlich. So lassen sich nun Erwerbsformen jenseits des Normalarbeitsverhältnisses analysieren, die bisher aus dem Diskurs ausgeklammert waren. Als Beispiele nennen die Autoren unregistrierte Arbeitende, nicht existenzsichernd in den Arbeitsmarkt integrierte Frauen oder andere Personen, bei denen es zu einer Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Bindungen kommen kann, was beispielsweise auch die bekannte Vereinbarkeitsdebatte nochmal verschärft. Informalisierung erweitert die Analyse somit um die Unterscheidung zwischen einer Kumulation oder Kompensation von Beschäftigungsrisiken.
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Rubrizierung: 2.342 Empfohlene Zitierweise: Christian Heuser, Rezension zu: Birgit Apitzsch / Karen A. Shire / Steffen Heinrich / Hannelore Mottweiler / Markus Tünte: Flexibilität und Beschäftigungswandel Weinheim/Basel: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38905-flexibilitaet-und-beschaeftigungswandel_47394, veröffentlicht am 24.09.2015. Buch-Nr.: 47394 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken