Skip to main content
Deutsches Polen-Institut Darmstadt (Hrsg.)

Jahrbuch Polen 2015. Umwelt

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2015; 213 S.; 11,90 €; ISBN 978-3-447-10342-8
Es ist der unverstellte Blick auf sich selbst, auf die eigene Gesellschaft und Politik, der diese Reihe seit vielen Jahren zu einem Medium macht, über das sich Polen kennenlernen lässt. Redaktionell betreut von Andrzej Kaluza und Jutta Wierczimok, kommen auch in diesem Band über die „Umwelt“ wieder überwiegend polnische Autorinnen und Autoren zu Wort, ergänzt durch einige Beobachtungen von außen, aus deutscher Sicht. Die bewährte thematische Mischung aus grundsätzlichen Betrachtungen und einzelnen Phänomenen lässt ein breiteres Panorama entstehen als nur die Sicht auf die offizielle polnische Umweltpolitik, die zunächst Dagmar Dehmer vorstellt: Das Land „gilt als ewiger Bremser, wenn es um europäische Positionen in der Klima‑ und Energiepolitik geht“ (31), setzt weiterhin auf Atomkraft und Steinkohle und sorgt sich um die heimische Industrie. Die Vorzugsbehandlung der Wirtschaft gegenüber der Umwelt zeigt auch Michał Olszewski in seinem Beitrag über „Ökologie und Gerechtigkeit: ein schwieriges Verhältnis“ auf – die Ökologie werde „immer öfter als Bedrohung für die Interessen der lokalen Gemeinschaften oder gar für die Staatsraison wahrgenommen“, an deren oberster Stelle die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Landes stehe. Wer sich gegen den Bau einer neuen Straße ausspreche, gelte schnell als „‚Ökoterrorist‘“ (80). Zugleich werde hingenommen, dass Krakau die „Stadt mit der drittgrößten Luftverschmutzung in der EU“ (82) sei. Jede an der Ökologie orientierte Maßnahme werde als Verletzung der sozialen Gerechtigkeit verstanden, so die Bestandsaufnahme – Olszewski setzt dennoch stoisch auf Hartnäckigkeit in der Sache, „zähe Verhandlungen“ und „die von Spezialisten für die Makroperspektive so belächelten lokalen Lösungen“ (84). Damit weist er den Weg für Veränderungen von unten. Dieser Ansatz lässt sich auch aus anderen Beiträgen herauslesen, so von Gabriele Lesser über grüne Stadtbewegungen, die nicht mehr nur allein Politiker und Beamte entscheiden lassen wollen. Anknüpfen könnten diese Bewegungen durchaus an die polnische Verbundenheit zur Natur, die sich auf verschiedenen Ebenen abspielt. Justyna Kowalska‑Leder berichtet vom eher pragmatischen Ansatz, sich das Gemüse in einen Schrebergarten selbst zu ziehen, während Eva‑Maria Stolberg das Naturverständnis in seinen historischen Dimensionen auslotet. Der Wald wird dabei zum Erinnerungsort. Schön illustriert ist das lesenswerte Jahrbuch mit Nachdrucken von Plakaten, zu denen der Künstler Ryszard Kaja von der polnischen Natur inspiriert wurde.
{NW}
Rubrizierung: 2.612.2612.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Deutsches Polen-Institut Darmstadt (Hrsg.): Jahrbuch Polen 2015. Wiesbaden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38898-jahrbuch-polen-2015_47031, veröffentlicht am 24.09.2015. Buch-Nr.: 47031 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken