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Volker Reinhardt / Stefano Saracino / Rüdiger Voigt (Hrsg.)

Der Machtstaat. Niccolò Machiavelli als Theoretiker der Macht im Spiegel der Zeit

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Staatsverhältnisse 74); 357 S.; 59,- €; ISBN 978-3-8487-2303-4
Einführungen in und Auseinandersetzungen mit Machiavellis Werk gibt es bereits in nicht mehr überschaubarer Anzahl – die Herausgeber und Autoren haben deshalb für diesen Band eine andere Herangehensweise gewählt: Sie arbeiten sich in erster Linie an der Rezeptionsgeschichte des italienischen Philosophen und Staatsmannes ab und rekonstruieren diese kritisch, indem sie sie sowohl an den jeweiligen Zeitgeist als auch an Machiavellis Schriften rückbinden. Denn Machiavelli sei, so wird im einleitenden Beitrag der Herausgeber konstatiert, über die Jahrhunderte hinweg vor allem „auf eine Facette reduziert [worden]: Auf den Machttheoretiker und Techniker der Macht!" (16) Dies aber sei in erster Linie machtpolitischen Legitimationsinteressen geschuldet (freilich vor dem Hintergrund sich wandelnder historischer Konstellationen), teilweise auch der mangelnden Kenntnis von der Vielseitigkeit seines Denkens und Schreibens. Vor allem werde Machiavelli in der Regel als amoralischer Machttheoretiker gesehen, der der Legitimation jeglicher Form tyrannischer Herrschaft Tür und Tor öffne. Dieser vorherrschenden Interpretation treten die Autoren des Bandes entgegen und zeigen, dass Machiavellis Machttheorie sehr viel grundsätzlicher und vor allem ethisch fundierter ist als gemeinhin angenommen. So argumentiert zum Beispiel Peter Schröder, der in seinem Beitrag die Parallelen zwischen Machiavelli und Nietzsche diskutiert, dass Ersterer die Option unlauteren politischen Handelns gerade deswegen ins Spiel gebracht hat, um die Hoffnung auf die Verwirklichung eines freiheitlichen Staatsideals nicht aufgeben zu müssen. So seien es vor allem die apolitische Haltung und Trägheit der Bevölkerung, die der Idee einer demokratischen Republik entgegenstehen – (nur) in diesem Fall komme es auf den Fürsten an, zur Umsetzung des Allgemeinwohls auch unlautere Mittel zu benutzen, dies aber immer auf der Basis von Moral und Tugend. Das Buch ist in sechs Teile untergliedert, die die Etappen der Machiavelli‑Rezeption anhand historischer Phasen abhandeln, vom Humanismus der Renaissance bis hin zur gegenwärtigen Instrumentalisierung des ‚principe‘ durch Silvio Berlusconi. Dabei setzt der Band zwei inhaltliche Schwerpunkte: zum einen werden anhand dieser historischen Phasen die sich wandelnden Deutungen Machiavellis analysiert. Zum anderen – und darauf aufbauend – wird danach gefragt, inwiefern Machiavellis Werk als Grundbaustein der neuzeitlichen Machtstaatspolitik gesehen werden kann. Hierbei wird deutlich, dass sich die originären Absichten des Philosophen nicht zwangsläufig mit der Art und Weise seiner zahlreichen Instrumentalisierungen decken.
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Rubrizierung: 5.15.35.325.335.41 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Volker Reinhardt / Stefano Saracino / Rüdiger Voigt (Hrsg.): Der Machtstaat. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38885-der-machtstaat_47492, veröffentlicht am 17.09.2015. Buch-Nr.: 47492 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken