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Markus Rothhaar

Die Menschenwürde als Prinzip des Rechts. Eine rechtsphilosophische Rekonstruktion

Tübingen: Mohr Siebeck 2015 (Perspektiven der Ethik 4); XIII, 364 S.; Ln., 89,- €; ISBN 978-3-16-153558-1
Philosoph. Habilitationsschrift Hagen. – Das opake und doch so wirkmächtige Konzept der Menschenwürde beschäftigt, fasziniert und verwirrt spätestens seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs unterschiedliche Disziplinen. Die ideengeschichtlichen Entwicklungslinien weisen dabei zwar manche Parallelen und Überschneidungen auf; tendenziell nimmt aber die fachbezogene Ausdifferenzierung des Diskurses zu. Das gilt auch und gerade im Verhältnis von Rechtswissenschaft und Philosophie. Markus Rothhaar stellt sich vor diesem Hintergrund der schwierigen Aufgabe, eine interdisziplinäre Begriffsbestimmung und Konzeptionalisierung vorzunehmen, die den philosophischen Grundlagen wie der kurrenten juristisch‑normativen Konkretisierung gerecht wird. Ihm geht es darum, „eine Theorie der Menschenwürde als Rechtsbegriff zu formulieren“ (25), die für beide Seiten anschlussfähig ist. Gerade deshalb muss er sich auch eingangs mit den methodischen Schwierigkeiten eines derartigen Grenzgangs auseinandersetzen, der eben weder nur introvertiert‑philosophiebezogen argumentieren noch sich auf eine bloße Rekapitulation und Kritik der juristischen Stellungnahmen beschränken darf. Stattdessen werden Letztere zum Ausgangspunkt genommen, um zunächst aus der juristischen Literatur und Rechtsprechung „Kernelemente“ des Menschenwürdekonzepts herauszupräparieren, die im zweiten, genuin philosophischen Untersuchungsschritt in einen konsistenten Zusammenhang gefügt werden. In diesem Sinne widmet sich das zweite Kapitel einer kursorischen Darstellung verfassungsrechtlicher Diskussionen, während das dritte, vierte und fünfte Kapitel philosophiegeschichtliche Rückvergewisserungen enthalten. Auf dieser Basis wird in den Schlusskapiteln ein prinzipialistisches Verständnis der Menschenwürde näher dargelegt, das diese nicht als subjektives Recht neben anderen oder als „Supergrundrecht“, sondern als „Prinzip und Geltungsgrund der Menschenrechte“ (337) einordnet. Dabei beschränkt sich Rothhaar sinnvollerweise nicht auf argumentativ fundierte, aber doch abstrakte Erörterungen, sondern erläutert die Konsequenzen und Besonderheiten dieser Konzeption an Beispielen. Ebenfalls im Grundsatz erfreulich ist die Entschiedenheit, Meinungsfreudigkeit und, ja, der Witz, mit denen der Autor manche eigenartige Entwicklung im binnenjuridischen Zusammenhang aus der Position des informierten Außenseiters heraus prägnant darstellt und kritisiert. Wenn dennoch am Ende leichte Zweifel hinsichtlich der Überzeugungskraft des vorgestellten Modells verbleiben, dann liegt das nicht nur daran, dass eine etwas differenziertere und kontextsensiblere Lesart möglich (aber natürlich weniger poin[tenorien]tiert) gewesen wäre. Vielmehr erstaunt bei einer philosophischen Untersuchung im 21. Jahrhundert das Beharren auf der Einsicht in die eine, die richtige Lösung.
{AU}
Rubrizierung: 5.445.315.325.33 Empfohlene Zitierweise: Steffen Augsberg, Rezension zu: Markus Rothhaar: Die Menschenwürde als Prinzip des Rechts. Tübingen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38848-die-menschenwuerde-als-prinzip-des-rechts_47263, veröffentlicht am 10.09.2015. Buch-Nr.: 47263 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken