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Gabriela Schneider

Die 'terroristische' Handlung im Völkervertragsrecht. Möglichkeiten und Grenzen eines einheitlichen Konzeptes

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Völkerrecht und Außenpolitik 83); 429 S.; 109,- €; ISBN 978-3-8487-1278-6
Rechtswiss. Diss. Bonn. – Was versteht das Völkerrecht unter Terrorismus? Mit dem Hinweis versehen, dass eine konzeptionelle Klärung dieser Frage eine Möglichkeit biete, der uneinheitlichen Verwendung und willkürlichen Instrumentalisierung des Begriffs entgegenzutreten, arbeitet Gabriela Schneider den Terrorismus als „ei[n] völkerrechtliche[s] Konzept“ (23) heraus. Sie greift dazu auf berücksichtigte wie unberücksichtigte Elemente individueller, als terroristisch begriffener Verhaltensweisen im Völkervertrags‑ und Völkergewohnheitsrecht zurück, lässt dabei allerdings die Frage der Staatenverantwortlichkeit ausgeklammert. Zunächst klärt sie den möglichen völkerrechtlichen Analyserahmen. Dieser umfasse neben dem Humanitären Völkerrecht und dem Völkerstrafrecht auch 19 Anti‑Terrorismus‑Konventionen. Für Letztere stellt Schneider in einem Abgleich mithilfe von in der sozialwissenschaftlichen Forschung verwendeten Bestimmungsmerkmalen eine „dezidiert historische und der Konsensfähigkeit der Staaten geschuldete Prägung“ (69) fest. Terrorismus ist demnach also lediglich das, worauf Staaten sich einigen konnten. Um dann im Hauptteil ihrer Untersuchung aus den unterschiedlichen Völkerrechtsquellen verbindende Merkmale terroristischer Handlungen herauszufiltern, nutzt Schneider die in den Anti‑Terrorismus‑Konventionen als terroristische Handlungen pönalisierte – also unter Strafe zu stellende – Tatbestände als Orientierung. Im dritten Kapitel bezieht sie darüber hinaus die Rechtfertigungsgründe und Ausnahmen für Handlungen, die somit nicht als Terrorismus gelten, in die Untersuchung ein. Dabei lässt sich eine Verschiebung des völkerrechtlichen Diskussionsgegenstands von der Frage der Ausnahmen zu pönalisierender Tatbestände zur Debatte um die Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Anti‑Terrorismus‑Konventionen vom Humanitären Völkerrecht in bewaffneten Konflikten dokumentieren. Schneider zufolge weist mittlerweile eine „deutliche Mehrheit der Anti‑Terrorismus‑Konventionen eine Anwendungsausnahme für die Tätigkeiten von Streitkräften während eines bewaffneten Konfliktes [...] auf“ (370). Kritisieren lasse sich dabei einerseits, dass eine Handlung ihre terroristische Qualität verliere, sobald sie die Dimension eines bewaffneten Konflikts erreiche, sowie die Unterscheidung zwischen Streitkräften und anderen nichtstaatlichen Akteuren im Sinne einer Ausnahme von der Qualifikation als terroristische Handlung andererseits. Auch aus diesem Grund – und hier überrascht Schneiders Ergebnis nicht – bleibt eine „umfassend[e] Definition der ‚terroristischen’ Handlung unmöglich“ (405).
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Rubrizierung: 4.14.412.25 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Gabriela Schneider: Die 'terroristische' Handlung im Völkervertragsrecht. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38844-die-terroristische-handlung-im-voelkervertragsrecht_46919, veröffentlicht am 10.09.2015. Buch-Nr.: 46919 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken