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Lisa Müller

Das Kohärenzgebot im Entwicklungsrecht der Europäischen Union

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Schriften zur Europäischen Integration und Internationalen Wirtschaftsordnung 35); 496 S.; 107,- €; ISBN 978-3-8487-1851-1
Rechtswiss. Diss. Frankfurt a. M.; Betreuung: S. Kadelbach, G. Frankenberg. – Das EU‑Entwicklungsrecht ist das Ergebnis eines Prozesses, der mit den Römischen Verträgen (1957) einsetzt und seit dem Unionsvertrag von Maastricht (1992) deutlich an Fahrt gewonnen hat. Den Fortschritten stehen die aktuellen Bilder aus dem Mittelmeerraum gegenüber. Lisa Müller, Stipendiatin der Studienstiftung und derzeit Referendarin am Landgericht Frankfurt a. M., hat sich von daher mit einer Materie befasst, die durchaus unterschiedliche Facetten aufweist. Die EU realisiere eine eigene Entwicklungszusammenarbeit, die sie aber in Konkurrenz zu den Ansätzen der Mitgliedstaaten bringe. Um Verzerrungen auf den sensiblen AKP‑Märkten zu vermeiden und um die EU‑Mitgliedstaaten daran zu hindern, sich in einen für die Zielländer nachteiligen Wettlauf zu begeben, gingen die Kompetenzen der Generaldirektion EuropeAid über die reine Koordination hinaus. Über die Handels‑ und die Außenwirtschaftspolitik verfolge Brüssel, so Müller, eigene Politikansätze, gestützt auf spezifisch europäisches Vertragsrecht. Dieses binde – über das hier interessierende Kohärenzgebot – die EU‑Mitgliedstaaten in gleich mehrfacher Hinsicht. Um diesen Zusammenhang zu verdeutlichen, fächert Müller zunächst die Entwicklung des Rechtsbereiches auf, indem sie bei den AKP‑Verträgen ansetzt. Dass sie dabei auch die Soft‑Law‑Ebene im Blick hat, die oft marginalisiert wird, macht die Qualität der Arbeit deutlich. Hinzu kommen die für eine Betrachtung notwenigen Schnittstellen mit der Gemeinsamen Außen‑ und Sicherheitspolitik und vor allem der Gemeinsamen Agrarpolitik, da die Autorin das von der EU selbst formulierte Ziel vor Augen hat: die Senkung der Armut und die Stabilisierung der Lebensverhältnisse in den Partnerländern. Dass dies nicht ohne Konfliktpotenzial abgeht, wird ebenso deutlich wie die Reibungseffekte, die sich aus den zahlreichen, aber notwendigen, interinstitutionellen Absprachen in den involvierten europäischen Institutionen ergeben. Trotz aller Fakten muss aber konstatiert werden, dass die EU letztlich die Summe ihrer Teile ist. Die von Müller geforderten Reformen – eine Verlagerung von Kompetenzen auf die Unionsebene – sind zwar schlüssig hergeleitet, aber politisch kaum umsetzbar.
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Rubrizierung: 3.63.23.5 Empfohlene Zitierweise: Martin Schwarz, Rezension zu: Lisa Müller: Das Kohärenzgebot im Entwicklungsrecht der Europäischen Union Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38777-das-kohaerenzgebot-im-entwicklungsrecht-der-europaeischen-union_47251, veröffentlicht am 20.08.2015. Buch-Nr.: 47251 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken