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Sönke Niedringhaus

Die Rechtfertigung politischer Gerechtigkeit. John Rawls und der liberale Kognitivismus

Online-Publikation 2014 (http://edoc.ub.uni-muenchen.de/17322/1/Niedringhaus_Soenke_C.pdf); 211 S.
Diss. München; Begutachtung: J. Nida‑Rümelin, M. Rechenauer. – Welcher Wert ist normativer politischer Theorie und Philosophie beizumessen? Dieser ebenso grundlegenden wie bedeutenden Frage geht Sönke Niedringhaus in seiner politisch‑philosophisch akzentuierten Dissertation, die unter anderem auch durch die Klarheit ihrer Sprache besticht, nach. Als Untersuchungsbeispiel dient ihm insbesondere die „Gerechtigkeitstheorie des bedeutendsten politischen Theoretikers des späten zwanzigsten Jahrhunderts: John Rawls“ (5). Bei dem Zugang, den Niedringhaus wählt, geht es um die Rechtfertigung ebenso wie um die Leistung politischer Philosophie. Anhand dieser Begriffe lasse sich die Wertigkeit von Normativität – im konkreten Fall anhand des Werks von John Rawls, der die „2.500 jährige Tradition“ (16) normativer Philosophie am Ende des 20. Jahrhunderts entscheidend wiederbelebte – bemessen. Im Zuge einer ausholenden Kritik an dessen Werk sowie an denen einer Reihe weiterer Autoren, die hinsichtlich der Spannungsfelder Freiheit – Gleichheit oder Empirie – Normativität eingeordnet werden, entdeckt Niedringhaus bei Rawls etwas, das er als „liberalen Kognitivismus“ bezeichnet: „Liberal ist dieser Kognitivismus, weil er an der Rationalität der Frage ‚Was ist gerecht?’ festhält, aber weder leugnet noch behauptet, dass man durch die Beantwortung dieser Frage moralische Wahrheiten entdeckt oder ein Wissen über moralische Tatsachen erwirbt.“ (18) Rawls habe, so Niedringhaus, durch sein Insistieren auf der Rechtfertigungsbedürftigkeit von Gerechtigkeit, die sich in der liberalen Demokratie notwendig praktisch, also im permanenten Prozess des Begründens in der politischen Öffentlichkeit, realisiere, die Normativität selbst praktisch werden lassen. Gerade in dieser Rückkopplung an die empirische Realität demokratischer Gesellschaften und dem Bewusstsein der Notwendigkeit dieser Rückkopplung manifestiere sich schließlich der Wert des Normativen: „Macht und ökonomische Interessen bedrohen stetig die Umsetzung gerechterer Verhältnisse und müssen durch eine kritische Theorie und Öffentlichkeit hinterfragt werden.“ (184) In dem Maße, in dem es normativer politischer Theorie und Philosophie gelingt, das Gespür für Kritikwürdiges zu bewahren und Kritik tatsächlich auch öffentlichkeitswirksam zu formulieren, steigt der Wert, steigt die gesellschaftliche Relevanz ihrer Existenz.
{LEM}
Rubrizierung: 5.465.42 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Sönke Niedringhaus: Die Rechtfertigung politischer Gerechtigkeit. 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38776-die-rechtfertigung-politischer-gerechtigkeit_47208, veröffentlicht am 20.08.2015. Buch-Nr.: 47208 Rezension drucken