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Thomas Kron

Reflexiver Terrorismus

Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2015; 510 S.; 49,90 €; ISBN 978-3-95832-055-0
Die Motive der Selbstmordattentäter des 11. September 2001 sind Ausgangpunkt dieses Buches. Für Thomas Kron, Professor für Soziologie an der RWTH Aachen, konnte seine Disziplin keine befriedigende Antwort auf die einfache Frage „Wieso haben die das getan?“ liefern. Er möchte nun keine übliche Gesellschaftsanalyse vorlegen, sondern nähert sich dem Untersuchungsgegenstand durch eine explizit theoriegeleitete Vorgehensweise. Da Theorien immer auch Sichtweisen auf die Realität implizieren, grenzt er sich von den bestehenden Erklärungsmustern bewusst ab. „Meine These lautet, dass die in der Soziologie bzw. in den Sozialwissenschaften üblicherweise verwendetet Logik der Theorien in der Anwendung auf den transnationalen Terrorismus nicht zu befriedigenden bzw. zu falschen Erkenntnissen führt.“ (13) Er will das Phänomen des globalen Terrorismus umfassend verstehen und bezieht sich auf die von Ulrich Beck vorgeschlagene Theorie reflexiver Modernisierung. Im ersten Teil des Buches konzentriert er sich zunächst auf umfassende methodische Überlegungen, an deren Ende der sogenannte „methodologische Kosmopolitismus als alternative Sichtapparatur steht“ (14). Damit können die herrschenden Dichotomien und sich hieraus ergebenen fehlerhaften Sichtweisen abgebaut und die Komplexität der Weltrisikogesellschaft – und damit Ursachen, Motive und Strategieanpassung der transnationalen Terrorismus – besser nachvollzogen werden. Im zweiten Teil nähert Kron sich mittels des entwickelten Theorierahmens dem transnationalen Terrorismus, auf dessen komplexe Ursachen und Erscheinungsformen er sehr ausführlich eingeht. Hiernach unterzieht er die Antiterrorstrategien der USA und die Reaktionen von Seiten Al Kaidas einer umfassenden Analyse. Deutlich wird die evolutionäre Anpassungsfähigkeit der Terroristen. „Beschreiben, analysieren und daraus geeignete Gegenmaßnahmen ableiten wird man aber nur können, wenn man in einer methodologisch‑kosmopolitischen Perspektive die beschriebene Anpassungsentwicklung des Terrorismus zur Kenntnis nimmt.“ (455 f.) Der Terrorismus ist eben kein auf einfachen Ursachen beruhendes Phänomen, sondern hat vielfältige Wurzeln. Die Ausführungen von Kron ermöglichen einen neuen, frischen Blick und sind – was selten bei explizit methodischen Vorgehensweisen ist – sehr gut lesbar, ohne auf eine hohe Komplexitätsdichte zu verzichten. Wer sich mit dem Thema Terrorismus beschäftigt, sollte das Werk gelesen haben.
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Rubrizierung: 5.424.14.41 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Thomas Kron: Reflexiver Terrorismus Weilerswist: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38740-reflexiver-terrorismus_46936, veröffentlicht am 13.08.2015. Buch-Nr.: 46936 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken