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Petra Wild

Die Krise des Zionismus und die Ein-Staat-Lösung. Zur Zukunft eines demokratischen Palästinas

Wien: Promedia 2015; 255 S.; brosch., 17,90 €; ISBN 978-3-85371-386-0
Wer kann schon ernsthaft dagegen sein, wenn Petra Wild als Lösung für den israelisch‑palästinensischen Konflikt anstelle der Zwei‑Staaten‑Lösung die Gründung eines demokratisch verfassten, säkularen Staates fordert? Die Probleme des Buches stecken im Detail und sie sind schwer auszumachen, weil sie teils nur implizit präsent werden und so kaum dingfest zu machen sind. Ein Beispiel: Was bedeutet es, wenn Wild – der Selbstdarstellung zufolge eine versierte Insiderin, die sämtliche der zahlreichen Lügen der israelischen Regierung aufgrund eigener Sachkenntnis (womit explizit nicht Recherche vor Ort gesagt ist) zu entlarven vermag – fordert, dass es künftig ein demokratisches Palästina geben müsse? Heißt das, dass Israel nicht demokratisch ist? Und warum darf dieser künftige Staat nicht Israel heißen? Handelt es sich um einen ‚Spleen‘ von Wild oder doch um einen, an dieser Stelle kaum noch unterschwelligen Antisemitismus, der in Israel immer nur das Land der Täter, in den Palästinensern immer nur die Opfer einer von außen aufgezwungenen Aggression zu erblicken vermag? Die Strategie der Darstellung wechselt abrupt – weg vom Ungefähren, hin zum Anklagenden. Der Tenor lautet: Der Konflikt gründe auf einer „israelischen Besetzung“ inklusive „ethnischer Säuberungen“ (7), auf „repressiven Taktiken der israelischen Regierung“ (53), die zur Durchsetzung ihrer Machtansprüche auf „militärische Gewalt angewiesen“ (61) sei – und der zeitgenössische „Neoliberalismus“ sowie die „primär um ökonomische Interessen“ besorgten jüdischen „Weltbürger“ (93) täten ihr Übriges. Auf der anderen Seite stehen politische Organisationen, wie die PLO oder die Hamas, die „den bewaffneten Kampf aufgegeben haben“ (216) und – leider – die von individuellen Einzeltätern ausgeübten Attentate noch nicht recht in den Griff bekommen: „Dabei handelt es sich um vereinzelte bewaffnete Aktionen, Messerattacken und Angriffe mit Baggern oder Autos, die in eine israelische Menschenmenge [...] rasen oder gezielt einzelne Siedler überfahren.“ (216) Alles nicht so schlimm, so sind einfach die Verhältnisse in der Welt, wie Wild sie zeichnet, wenn ein übermächtiger Goliath gegen David kämpft. Warum jedoch hat es Wild nötig, sich hinter all diesen Andeutungen und Übertreibungen zu verstecken, die nur Fragen aufwerfen, jedoch keine konstruktiven Antworten produzieren? Liegt es vielleicht daran, dass der gesamte Band, dem doch die „kritische Auseinandersetzung“ (10) so sehr Anliegen ist, so gut wie immer Kollektivakteure adressiert, sodass eine weitergehende Differenzierung und Fundierung schlechterdings nicht möglich ist? Auch diese Frage muss, wie so vieles, offen bleiben. Darf man zu diesem Buch ‚antisemitisch motiviertes Machwerk‘ sagen? Um der Klarheit willen: Die letzte Frage darf der Rezensent getrost bejahen.
{LEM}
Rubrizierung: 2.632.222.232.25 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Petra Wild: Die Krise des Zionismus und die Ein-Staat-Lösung. Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38712-die-krise-des-zionismus-und-die-ein-staat-loesung_47019, veröffentlicht am 06.08.2015. Buch-Nr.: 47019 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken