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Engelhard Weigl

Schauplätze der deutschen Aufklärung. Ein Städterundgang

Reinbek: Rowohlt 1997; 255 S.; 22,90 DM; ISBN 3-499-55583-2
Wer aus der Mitteilung des Verfassers, die Idee zu diesem Buch sei in einer Kneipe in Osaka geboren (10), die Erwartung herleitet, der Band biete kurzweilige Lektüre für die philosophischen Cafe-Haus-Stunden, wird sicher nicht enttäuscht. Doch bietet Weigl mehr als "Bildung light": eine in sieben Kapitel gegliederte gediegene Einführung in die Lebens- und Denkwelt der deutschen Aufklärung, die in der Tat deren "Multizentralität und Vielfalt" anschaulich darstellt (9). Die Einleitung (11-29) informiert über wichtige stadtgeschichtliche Entwicklungen als Rahmenbedingungen der deutschen Aufklärung, vor allem auf die Bedeutung der Buchmärkte wird ausführlich hingewiesen. Der Städterundgang führt dann über Leipzig und Halle zur "Aufklärung als Stadtereignis" (73) nach Hamburg, wieder nach Leipzig und von dort nach Zürich, Königsberg, Berlin, Göttingen und schließlich Wien. Jeweils werden Geschichten erzählt: Geschichten davon, was Aufklärer gesehen, erlebt, erfahren und erdacht haben. Vielfältig wie die Stadtporträts sind die Themen und die Aufklärer, die vorgestellt werden. Einige Themen: die Lebensform im Dreieck zwischen Hof, Universität und Stadt, Religion und Naturwissenschaft, Literatur und Theater, Erkenntnis und Toleranz und nicht zuletzt die Aufklärung selbst. Und die Aufklärer: Thomasius und Wolff in Leipzig und Halle, Fabricius und Reimarus in Hamburg, Gottsched in Leipzig, neben anderen Bodmer in Zürich, Kant und Hamann in Königsberg, Moses Mendelssohn in Berlin, Hollmann und Lichtenberg in Göttingen und schließlich Georg Forster in Wien. Und das Verbindende? So unterschiedlich die von den einzelnen Städten bestimmten Ausgangsbedingungen, so unterschiedlich fiel der Weg aus, den der Aufbruch in die neue, die bürgerlich-vernunftbestimmte Lebensweise nahm. Vielleicht kann diese Besonderheit der deutschen Aufklärung nur erzählend eingefangen werden, sicher nicht dadurch, daß alles über den einen Leisten eines einheitlichen Vernunftbegriffs geschlagen wird. Und das Politische an dem Buch? Was wäre politischer als Vielfalt, der soziale Wandel der Stadt - und Aufklärung?
Klaus Dicke (KD)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.33 | 2.311 Empfohlene Zitierweise: Klaus Dicke, Rezension zu: Engelhard Weigl: Schauplätze der deutschen Aufklärung. Reinbek: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/3869-schauplaetze-der-deutschen-aufklaerung_5472, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 5472 Rezension drucken