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Helmut Kohl

Aus Sorge um Europa. Ein Appell

München: Droemer 2014; 119 S.; 12,99 €; ISBN 978-3-426-27663-1
Wie können wir die EU rechtfertigen? Wie ihr Handeln legitimieren? Es ist kein Zufall, dass die Eurokrise diese Fragen neu auf die Tagesordnung gesetzt hat, und es ist wohl auch kein Zufall, dass dazu immer mehr Menschen immer weniger einfällt. Dass Europa aber mehr ist als ein Mehrebenensystem, das via Governance politischen Output produziert, macht Altbundeskanzler Helmut Kohl in seiner schmalen Schrift deutlich. Er unterstreicht, worum es bei der europäischen Integration im Kern geht: um Krieg und Frieden – und damit ums Ganze. Diese historische Dimension Europas droht im täglichen Nachrichtenrauschen aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verschwinden, die EU damit ein Opfer ihres eigenen Erfolges zu werden. Dass sich die Union gegenwärtig in schwerem Fahrwasser befindet, sieht auch Kohl so. Nun wäre er nicht Kohl, wenn er nicht selbstgerecht feststellen würde, dass sich die EU bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt auf dem besten Wege befunden habe, dass es nach seiner Abwahl aber zu Fehlentwicklungen gekommen sei. Er sieht zwei Ursachen dafür: zuerst Griechenland – das Land sei in den Euroraum aufgenommen worden, ohne dass es die Eingangskriterien erfüllt habe. Mit ihm als Bundeskanzler hätte es die Zustimmung Deutschlands nicht gegeben, und er hätte auf die Kollegen entsprechend eingewirkt. Als zweiten Fehler nennt er die Aufweichung des Stabilitäts‑ und Wachstumspakts. Dass die Bundesregierung mit Frankreich dafür gesorgte habe, sei „wirklich ein Schandstück deutscher Politik und zugleich ein Verrat an der engen deutsch‑französischen Zusammenarbeit“ (59). Zu den Fehlentwicklungen zählt Kohl auch die „historische Zäsur“ der Positionierung der Bundesregierung Schröder/Fischer in der Irak‑Frage 2002. Die Politik der rot‑grünen Bundesregierung habe zu „Verwerfungen und Versäumnissen geführt“ (88), die das Vertrauensverhältnis zu den USA, aber auch zu den anderen Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten schwer beschädigt hätten. Als notwendig sieht Kohl jetzt eine politische Führung an, die entscheidende Schritte zur Förderung der europäischen Integration geht, denn sie sei das beste Mittel gegen den Rückfall in Chauvinismus und Krieg.
{WK}
Rubrizierung: 3.1 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Knelangen, Rezension zu: Helmut Kohl: Aus Sorge um Europa. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38664-aus-sorge-um-europa_46493, veröffentlicht am 23.07.2015. Buch-Nr.: 46493 Rezension drucken