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Christian Tuschhoff

Internationale Beziehungen

Konstanz: UVK Universitätsverlag 2015 (Uni-Taschenbücher 4335); 293 S.; 24,99 €; ISBN 978-3-8252-4335-7
Die internationalen Beziehungen seien, schreibt Christian Tuschhoff, von einer rasanten und dynamischen Fortentwicklung geprägt. Lange sei in der Analyse nach einer möglichst umfassenden Erklärung internationaler Politik gestrebt worden, heute aber gehe es angesichts der „ungeheuren Komplexität“ einer Staatenwelt mit sich auflösenden Grenzen um eine Zerteilung des Gegenstandes in kleinere Bestandteile. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, sondern mit Blick auf „gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz“ (12) widmet sich Tuschhoff acht „Rätseln“ im Bereich der Internationalen Beziehungen entlang des Analyserahmens von „Interessen, Interaktionen und Institutionen“ beziehungsweise von „Akteure[n], Prozesse[n] und Strukturen“ (20). Leitthema ist das Spannungsverhältnis zwischen partikulären Handlungsmotiven und globalen Verwicklungen. Im Kapitel „Krieg und Frieden“ werden entsprechend Kriegsursachen, Kriegsformen und friedliche Konfliktregelungen thematisiert. Kriege unterlägen dem „Kosten‑Nutzen‑Kalkül der Konfliktparteien“, erläutert Tuschhoff. Der „‚alte‘“ (67), zwischenstaatliche Krieg könne deshalb etwa durch Abschreckung, internationale Verflechtung und transparenzfördernde Maßnahmen eingedämmt werden. „Weitgehend unwirksam“ (74) seien diese Maßnahmen allerdings bei Terrorismus sowie innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Kriege, die unter dem Begriff „‚neue‘ Kriege“ (68) zusammengefasst würden. Dieser Begriff ist, wie Tuschhoff zeigt, in der Forschung sehr umstritten. Als Bezugspunkte zur differenzierenden Beurteilung der einzelnen „Rätsel“ dienen Tuschhoff vier Großtheorien (Neorealismus, Institutionalismus, Liberalismus und Konstruktivismus), so auch mit Blick auf die „Verrechtlichung oder Institutionalisierung“ (188) von Menschenrechten – die sich allerdings nicht in weltweiten Fortschritten der Menschenrechtspraxis niederschlage. Aus der Perspektive des Neorealismus bewirke das Völkerrecht keine Verhaltensänderung unter Staaten, es diene Regierungen zur „Rechtfertigung ihrer Handlungen“ (198) – im Konstruktivismus hingegen werde von einem normativen „Internalisierungsprozess“ (199) durch die Praxis der Vertragstreue ausgegangen, womit sich die Identität von Staaten verändere. Der Verweis auf kritische (zum Beispiel marxistische/ gender‑theoretische/ post‑moderne) Ansätze hätte den gelungenen Theorieteil zusätzlich bereichern können. Insgesamt bietet Tuschhoff einen spannenden und gut lesbaren Zugang zu den Internationalen Beziehungen, der angesichts der vielen Lernmaterialien auch in didaktischer Hinsicht sehr zu loben ist.
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Rubrizierung: 4.14.414.424.434.454.44 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Simon, Rezension zu: Christian Tuschhoff: Internationale Beziehungen Konstanz: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38652-internationale-beziehungen_47169, veröffentlicht am 16.07.2015. Buch-Nr.: 47169 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken