Skip to main content
Damir Arsenijević (Hrsg.)

Unbribable Bosnia and Herzegovina. The Fight for the Commons

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Southeast European Integration Perspectives 10); 182 S.; 39,- €; ISBN 978-3-8487-1634-0
Brennende Regierungsgebäude, verletzte Demonstranten und Polizisten – Anfang 2014 kam es in Bosnien und Herzegowina zu heftigen Protesten. Sie richteten sich gegen korrupte Verwaltungsbeamte und Politiker, Vetternwirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit sowie die allgemein schlechten Lebensbedingungen im Land. Laut Herausgeber Damir Arsenijević stellen die Demonstrationen und die daraus entstandenen Bürger‑Plenen die ersten politisch bedeutsamen Entwicklungen seit dem Ende des Krieges vor 20 Jahren dar. Das erste Mal seien neue Formen von Widerstand, kollektiver Entscheidung und Bürgerbeteiligung erprobt worden, auf der Straße ebenso wie verschiedenen Foren. Die bisher vorherrschende Passivität der Zivilgesellschaft sei dadurch durchbrochen worden, sodass Politik wieder, über ethnisch‑kulturelle Grenzen hinweg, zu einem Thema von allgemeinem Belang und Interesse geworden sei. Alle Beiträge des Sammelbands insistieren laut Arsenijević auf bedingungsloser Gleichheit und das (titelgebende) Konzept der Unbestechlichkeit. Dieses sei zu verstehen als kollektive Weigerung, sich beschwichtigen oder die eigenen Forderungen korrumpieren zu lassen. Die Texte sind dementsprechend subjektiv geschrieben. Emina Busuladžić, Gewerkschafterin und Streikführerin, beantwortet zum Beispiel die Frage, warum es zu den Unruhen kam, so: „Because I’m not one to bow my head. Because I do not like injustice. Because I genuinely love my country.“ (11) Sie lasse sich weder bestechen noch erpressen und wolle mit ihrem Engagement etwas Positives für die Menschheit hinterlassen. Zlatan Begić, Rechtswissenschaftler, beschuldigt die regimegelenkten Medien, die Protestierenden als Kriminelle, Putschisten und Terroristen verunglimpft zu haben. Es sei surreal gewesen, vor dem unbeschädigten Omega‑Einkaufszentrum in Tuzla zu stehen und im Internet über die angeblich hemmungslose Plünderung und Zerstörung des Gebäudes durch die Demonstranten zu lesen. Als in Tuzla die Regierung zurückgetreten und auch die Polizei für fast zwei Wochen von der Bildfläche verschwunden sei, habe trotzdem kein einziges Verbrechen stattgefunden, dies spreche Bände über die Diszipliniertheit der Protestierenden. Asim Mujkić, Philosophieprofessor, bewertet die Proteste als „malfunction of a dominant ethno‑nationalistic system“ (119). Die Eliten des Landes hätten sich durch ihre Missachtung der grundlegenden Bedürfnisse der Bürger diskreditiert. Die ethnisch‑nationale Gesellschaft, die sie angeblich präsentieren wollten, sei nur eine abstrakte Hülle.
{WDE}
Rubrizierung: 2.612.22.22 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Damir Arsenijević (Hrsg.): Unbribable Bosnia and Herzegovina. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38568-unbribable-bosnia-and-herzegovina_46841, veröffentlicht am 25.06.2015. Buch-Nr.: 46841 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken