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Johann Legner

Joachim Gauck. Träume vom Paradies. Biografie

München: C. Bertelsmann 2014; 383 S.; 19,99 €; ISBN 978-3-570-10162-9
„Gauck, der Außenseiter, hat zwar gern sein Bild einer unabhängigen Person gepflegt. Tatsächlich aber ist er wie wir alle ein Kind seiner Zeit.“ (13) Der Journalist Johann Legner bezieht sich daher in seiner Biografie häufig auf die Umgebung, die Weggefährten und die Vorbilder Gaucks, auf die Menschen, die ihn gewollt oder ungewollt beeinflusst haben. So möchte er einen distanzierteren Blick auf Gaucks Sicht der Dinge einnehmen, um ein vollständigeres Bild des amtierenden Bundespräsidenten zu zeichnen, als es sich aus den bisher veröffentlichen (Auto‑)Biografien ergebe (siehe Buch‑Nr. 37862, 44507). Leider wirkt die ausführliche Darstellung der Menschen um Gauck stellenweise sehr unverbunden, was der Herausforderung geschuldet sein mag, die Legner gleich zu Anfang festhält: „Es gibt bei solch einer Lebensspanne […] keine rote Linie, die sich durchzieht und alles begreiflich macht.“ (12) Den Bezugspunkt bildet dennoch in dieser Darstellung zumeist die Wahl zum Bundespräsidenten, so wird aus dem Lebensweg Gaucks der Weg ins Amt, etwa wenn Legner über die Vorbildfunktion von Gaucks Onkel, dem Pastor Gerhard Schmitt, schreibt: „Als Prediger zu wirken und damit Einfluss auf Menschen zu erlangen, das hatte sich Joachim Gauck bei Gerhard Schmitt abgeschaut.“ (81) Diesen Einfluss setzte Gauck gezielt zur Wendezeit ein, für die Aufbruchsstimmung in Rostock war er unabdingbar, der „Pastor, der sich anschickt, Politik mitgestalten zu wollen“ (128). Eine weitere wichtige Person war zu dieser Zeit die Journalistin Helga Hirsch. Laut Legner ist Gaucks Vertraute und ehemalige Lebensgefährtin „seit 1990 die Person, die sein Denken und Handeln am nachhaltigsten prägt“ (162). Leider bleibt der Autor bei dieser Darstellung sehr an der Oberfläche. In Gaucks Umgang mit Frauen erkennt der Autor ein gewisses Maß an Abhängigkeit ob der Schwierigkeiten in Bezug auf Selbstorganisation: „Den Unbilden des Lebens ausgesetzt, wird dieser Mann zu einer Art Kind, wirkt abgelenkt und zerstreut und hat Schwierigkeiten, seine Zeit einzuteilen und Prioritäten zu setzen.“ (255) Daraus erwachse allerdings seine größte Stärke: der Umgang mit Menschen, deren Loyalität er sich versichere.
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Rubrizierung: 2.32.3142.3152.352.324 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Johann Legner: Joachim Gauck. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38538-joachim-gauck_46399, veröffentlicht am 18.06.2015. Buch-Nr.: 46399 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken