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Johann Platzer / Elisabeth Zissler (Hrsg.)

Bioethik und Religion. Theologische Ethik im öffentlichen Diskurs

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014; 451 S.; 64,- €; ISBN 978-3-8487-1560-2
Bioethische Fragen – zum Beispiel nach dem Beginn und dem Ende des Lebens – gehören zu den strittigsten politischen Themen der Gegenwart, da sie das Selbstverständnis einer Gesellschaft ganz besonders herausfordern. Der Sammelband nimmt sich in diesem Zusammenhang in vier Sektionen der Rolle religiöser Überzeugungen und theologischer Ethik an. Der erste Teil ist dem spannungsvollen Verhältnis zwischen Religion und Öffentlichkeit in gegenwärtigen Gesellschaften gewidmet, worunter auch die Frage nach dem Status religiöser Argumente in der öffentlichen Deliberation fällt. Vorschläge einer öffentlichen Vernunft, die religiösen Aussagen nur eine beschränkte Rolle in der Öffentlichkeit zuweisen, wie sie etwa von Jürgen Habermas oder John Rawls vorgelegt wurden, werden von Franz‑Joseph Bormann kritisiert. Eine Alternative dazu erkennt er in dem Ansatz von Gerald Gaus, dieser räume in politischen Fragen auch religiösen Standpunkten eine gewisse epistemische Qualität ein, weshalb auch sie von Bürgern für politische Entscheidungen herangezogen werden dürften. Peter Schipka fragt sich dann, wie religiöse Argumente in bioethischen Diskursen verstanden werden sollten. Für ihn sind religiöse wie areligiöse Argumente normative Aussagen, die gleichrangig als eine Art „Werbung um die Zustimmung“ (103) zur eigenen Position aufzufassen sind. In der zweiten Sektion wird die Identität der christlich‑theologischen Ethik aus der innertheologischen Perspektive erörtert. Ulrich H. J. Körtner sieht zum Beispiel die Aufgabe der theologischen Ethik darin, gesellschaftliche wie auch kirchliche Positionen kritisch zu begleiten. In biopolitischen Fragen müssten zudem die Vertreter religiöser Positionen bereit für Kompromisse sein. Im dritten Abschnitt werden einige bioethische Themenfelder im Zusammenhang mit Religion und Theologie behandelt. Ulrike Kosta plädiert etwa im Zusammenhang mit der Transplantationsmedizin dafür, die Präventionsmaßnahmen auszubauen, um so die Grunderkrankungen, durch die Organtransplantationen benötigt werden, zu vermeiden. In der vierten Sektion berichten schließlich einige Theologen von eigenen Erfahrungen. Eberhard Schockenhoff, der Mitglied des Nationalen und Deutschen Ethikrats war, sieht in der Teilnahme an solchen Gremien vor allem die Chance, die bioethischen Standpunkte der christlichen Kirche ins öffentliche Bewusstsein zu heben – wobei er jedoch erwartet, dass dies durch allgemein zustimmungsfähige und damit nichtreligiöse Argumente geschieht.
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Rubrizierung: 2.232.2632.352.3433.52.42.682.212.324 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Johann Platzer / Elisabeth Zissler (Hrsg.): Bioethik und Religion. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38524-bioethik-und-religion_47001, veröffentlicht am 11.06.2015. Buch-Nr.: 47001 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken