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Simon Meisch

Devolution in Schottland. Institutionelle Entwicklung zwischen Pfadabhängigkeit und graduellem Wandel

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Schriftenreihe des Europäischen Zentrums für Föderalismus-Forschung 43); 274 S.; brosch., 54,- €; ISBN 978-3-8487-0468-2
Diss. Tübingen; Begutachtung: R. Hrbek, D. Buhr. – Das Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands im September 2014 fällt zwar nicht mehr in den Untersuchungszeitraum der Studie. Dennoch hilft dieser Blick auf die Stellung Schottlands im institutionellen Gefüge des Vereinigten Königreichs besser zu verstehen, warum seit dem Act of Union 1707 immer wieder das Ansinnen vorgetragen wird, es erneut als eigenen Staat zu etablieren. Im Mittelpunkt steht hier die Überprüfung der These, die ‚Geschichte‘ spiele eine erklärungsrelevante Rolle dafür, wie sich die schottischen Institutionen entwickelt haben. Ohne längere Umschweife knüpft Meisch an die Weber’sche Definition von Institutionen als politischen Herrschaftsverband an und verkoppelt für die theoretische Basis seiner Studie eher kurz und knapp Historizität im Sinne einer Pfadabhängigkeit mit Prozessualität und graduellem Wandel. Dem Verständnis dafür, warum in Großbritannien auf Devolution (Übertragung von Macht) und nicht auf Föderalisierung gesetzt wird, dient die Information, dass ursprünglich die königlichen Souveränitätsrechte auf das Westminster‑Parlament übergegangen sind und nicht auf das Volk. Eine föderale Staatsstruktur sei von daher immer nur schwer denkbar gewesen, so Meisch. Konzentriert stellt er dar, wie man sich im Vereinigten Königreich dennoch nach und nach bewusst wurde, dass Schottland nicht nur eine Sonderstellung einnimmt, sondern sich diese auch in der Art und Weise, wie es zu regieren ist, niederzuschlagen hat – vor allem angesichts der Tatsache, dass die schottischen Abgeordneten bis heute im Parlament eine machtlose Minderheit geblieben sind. Den institutionellen Anfang des Pfades datiert der Autor auf das Jahr 1885 mit der Einrichtung des Schottlandministeriums. Die sich über Jahrzehnte erstreckende Übertragung von Entscheidungsbefugnissen (vor allem für Bildung und Gesundheit) auf nur für Schottland zuständige Institutionen erzeugte wohl aber eher nur ein „Gefühl der Selbstregulierung“ (197). Dieses kippte in der langen Phase konservativer Regierungen unter Thatcher und Major – Schottland hatte mehrheitlich Labour gewählt und fühlte sich fremdregiert, im Ergebnis etablierte sich die Scottish National Party. Als Reaktion darauf und mit dem Ziel, weitere Ablösungstendenzen aufzuhalten, sei mit dem Scotland Act 1998 der Pfad verändert worden, so Meisch, die neuen Institutionen (schottisches Parlament und Regierung) seien nicht mehr Teil des Westminster‑Systems. „History Matters!“ (251) – im Sinne der Prozesshaftigkeit, so das Resümee dieser Studie, die insgesamt eine solide Auswertung von Dokumenten und Literatur mit Blick auf eine enge Fragestellung darstellt.
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Rubrizierung: 2.612.21 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Simon Meisch: Devolution in Schottland. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38482-devolution-in-schottland_45850, veröffentlicht am 04.06.2015. Buch-Nr.: 45850 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken