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Tilman Reitz

Sprachgemeinschaft im Streit. Philosophische Analysen zum politischen Zeichengebrauch

Bielefeld: transcript Verlag 2014 (Edition Moderne Postmoderne); 198 S.; 29,99 €; ISBN 978-3-8376-2889-0
Politik erschöpft sich nicht allein in Verwaltung und Gesetzgebung. Der gesellschaftliche Konflikt darüber, was überhaupt – und wie – verwaltet und gesetzlich geregelt werden soll, erstreckt sich, vermittelt über symbolischen Zeichengebrauch, vielmehr über Hierarchien und Institutionen hinweg in zahlreiche Lebensbereiche. Daraus jedoch zu schlussfolgern, jedwede Art von Kommunikation sei hochgradig politisch, ist genauso irreführend wie die Annahme, sämtliche Politik sei reduzierbar auf diskursive Antagonismen. Der diesbezügliche Mangel an Differenzierungen, den Tilman Reitz in den sprachphilosophischen Ansätzen von Autoren wie Lyotard, Rancière, Laclau und Mouffe sieht, ist einer der Ausgangspunkte dieser Analyse. Wann und wie überschreiten widerstreitende Sprachverwendungen die Grenze von rein privaten Streitigkeiten zum Politischen? Wo kann zeichenpraktischer Streit in Aussichten politischer Veränderung münden, statt lediglich bedeutungslos vor dem Hintergrund ohnehin unverrückbarer Machtverhältnisse stattzufinden? Solche und andere Fragen leiten Reitz zu einer detaillierten Auseinandersetzung mit genannten Autoren an, ergänzt um sprachphilosophische Überlegungen von Wittgenstein, Searle und Brandom. Dabei legt der Autor keine geschlossene alternative Theorie vor. Vielmehr diskutiert er die zahlreichen potenziellen Differenzierungen und politischen Wirkmächtigkeiten, die die unterschiedlichen Ausprägungen widerstreitenden symbolischen Zeichengebrauchs in institutionalisierten wie privaten gesellschaftlichen Zusammenhängen zeitigen können. Die zentralen Kritikpunkte am Buch betreffen dabei vor allem dessen Lesbarkeit. Zum einen kommt der Band mit einer teils doch recht sperrigen und verschachtelten Sprache daher, die dem Leser ein hohes Maß an Konzentration abverlangt. Darüber hinaus sucht man vergeblich nach zusammenfassenden und strukturierenden Abschnitten – die Argumente werden, mit allerlei Seitensprüngen und Abweichungen, von der ersten bis zur letzten Seite entwickelt, was tendenziell eine zielgerichtete Teillektüre unmöglich macht. Zu erwähnen bleibt schließlich noch, dass das Buch kaum für Einsteiger in die Thematik zu empfehlen ist, setzt Reitz doch ein einigermaßen stabiles Vorwissen voraus.
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Rubrizierung: 5.42 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Tilman Reitz: Sprachgemeinschaft im Streit. Bielefeld: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38421-sprachgemeinschaft-im-streit_46773, veröffentlicht am 13.05.2015. Buch-Nr.: 46773 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken