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Ortrun Brand / Steffen Dörhöfer / Patrick Eser (Hrsg.)

Die konflikthafte Konstitution der Region. Kultur, Politik, Ökonomie

Münster: Westfälisches Dampfboot 2013 (Raumproduktionen: Theorie und gesellschaftliche Praxis 17); 291 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-89691-927-4
Parallel zur politischen Aufwertung von Regionen im Rahmen des globalen Wettbewerbs hat auch der spatial turn in den Sozialwissenschaften zu einer analytischen Aufwertung und Neubewertung der regionalen Handlungsebene geführt. Der Rolle regionaler Kulturen und Identitäten wird dabei insbesondere in ihrer Eigenschaft als Produktivfaktor eine zentrale Rolle eingeräumt. Implizit wird dabei meist davon ausgegangen, dass Kultur etwas Essenzielles, der Region vorgängig Eingeschriebenes sei. Das Anliegen der Herausgeber_innen ist es demgegenüber, ein umfassenderes analytisches Verständnis der kulturellen Dimension von Regionen zu gewinnen und diese „als untrennbare[n] Bestandteil sozialer Praktiken der Produktion von Raum im Allgemeinen und der umkämpften Konstitution von Regionen im Besonderen zu bestimmen“ (30). Kultur und Identität sind somit gleichsam Ausgangspunkt, Gegenstand und permanent im Wandel begriffenes Ergebnis strategischer Interaktionen im Rahmen eines Mehrebenensystems und manifestieren sich nicht nur symbolisch‑diskursiv, sondern eben auch materiell als Resultat sozialer Praxis. Von der kritischen Regionalwissenschaft über die Kulturelle Politische Ökonomie bis hin zu neoinstitutionalistischen Feldtheorien werden dabei in der Einleitung sowie im ersten Hauptteil unterschiedliche theoretische Strömungen zusammengeführt, die als analytische Rahmung des Buches Fragestellungen und Orientierungsmarken für die empirischen Beiträge abgeben. Die Fallstudien selbst folgen dabei keiner einheitlichen theoretischen Linie, sondern diskutieren die Zusammenhänge von Region, Kultur und sozialer Praxis aus unterschiedlichen theoretischen wie empirischen Blickwinkeln. So behandeln die Autor_innen im zweiten Teil die Organisation von Wertschöpfungsketten in unternehmerischen Globalisierungsstrategien, den strategisch‑rhetorischen Einsatz von Kultur‑ und Identitätsfragen sowie raumbezogene Sozialisationsprozesse am Beispiel von Geografieschulbüchern. Im dritten Teil des Bandes erörtert sie im Anschluss politische und gesellschaftliche Konsequenzen, die sich aus regionalen Kulturen und Identitäten ergeben. Alles in allem heben die Autor_innen unterschiedliche Aspekte der kulturellen Konstitution von Regionen hervor und reißen so die Vielschichtigkeit eines weiterführenden Forschungsprogramms an, das zwangsläufig nur angedeutet werden kann. In diesem Sinne muss sich das Buch als einzigen Kritikpunkt gefallen lassen, dass man vergeblich nach einem abschließenden Kapitel sucht, das einen ersten Versuch unternimmt, die unterschiedlichen Einsichten theoretisch wie empirisch zu bündeln.
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Rubrizierung: 2.22.212.232.272.52.612.3252.3314.5 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Ortrun Brand / Steffen Dörhöfer / Patrick Eser (Hrsg.): Die konflikthafte Konstitution der Region. Münster: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38345-die-konflikthafte-konstitution-der-region_44843, veröffentlicht am 30.04.2015. Buch-Nr.: 44843 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken