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Roland Atzmüller / Joachim Becker / Ulrich Brand / Lukas Oberndorfer / Vanessa Redak / Thomas Sablowski (Hrsg.)

Fit für die Krise? Perspektiven der Regulationstheorie

Münster: Westfälisches Dampfboot 2013; 399 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-89691-925-0
Der Band bietet eine Bestandsaufnahme der (insbesondere deutschsprachigen Weiterentwicklungen der) Regulationstheorie vor dem Hintergrund jüngerer kapitalistischer (Krisen‑)Entwicklungen. Die Beiträge orientieren sich vor allem an zwei Fragestellungen: Zum einen wird untersucht, was der Regulationsansatz gut 35 Jahre nach seiner Entstehung zu einer Analyse des Gegenwartskapitalismus beizutragen hat. Damit verbunden ist zweitens die Frage nach Leerstellen, Anschlussmöglichkeiten und potenziell notwendigen Erweiterungen des Ansatzes, um neueren theoretischen Entwicklungen sowie politökonomischen Herausforderungen Rechnung zu tragen. Folgt man diesbezüglich den Autor_innen des Bandes, so scheint sich der Regulationsansatz in einem annähernd desolaten Zustand zu befinden: So beklagen Brigitte Aulenbacher und Birgit Riegraf „kapitalismustheoretische Engführungen“ (106), da gesellschaftliche Dynamiken jenseits des Lohnarbeitsverhältnisses vernachlässigt würden, während Martina Sproll allgemein den mangelnden Dialog mit der Arbeits‑ und Industriesoziologie kritisiert. Laut Hans‑Jürgen Bieling ist die Regulationstheorie „weitgehend einer Nationalstaats‑Weltmarkt‑Dichotomie verhaftet geblieben“ (313), was die Analyse europäischer Integrationsprozesse unnötig erschwere, wohingegen Hans‑Joachim Hirsch wiederum eine „staatstheoretische Leerstelle“ (382) feststellt. Wer mit regulationstheoretischen Entwicklungen einigermaßen vertraut ist, den mag die vermeintliche Schärfe der vorgetragenen Kritikpunkte verwundern. Allerdings ist dies wohl eine unvermeidliche Folge des Selbstverständnisses des Regulationsansatzes, dessen analytischer Anspruch sich tendenziell auf das gesamte „Wechselverhältnis von historisch und räumlich spezifischen Formen der Akkumulation und der Bearbeitung kapitalistischer Widersprüche und Konflikte“ (9) bezieht. Dies impliziert (und erfordert) prinzipielle Offenheit gegenüber zahlreichen Themen und Disziplinen, weshalb die hier vorgetragenen Erweiterungsbemühungen gleichermaßen erfreulich wie auch jüngeren theoretischen Entwicklungen angemessen sind. In diesem Sinne verdeutlichen die Beiträge (unter anderem empirisch am Beispiel gegenwärtiger Entwicklungen in Deutschland, Europa und Asien) nicht nur, dass der Regulationstheorie weiterhin ein umfassendes analytisches Potenzial innewohnt. Auch mit Blick auf aktuelle Krisenprozesse bietet sie einige Vorteile gegenüber anderen Erklärungsansätzen – um dies zu verdeutlichen, wäre allerdings eine Gegenüberstellung konkurrierender theoretischer Krisendeutungen hilfreich gewesen.
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Rubrizierung: 5.452.212.222.252.272.33.13.52.632.68 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Roland Atzmüller / Joachim Becker / Ulrich Brand / Lukas Oberndorfer / Vanessa Redak / Thomas Sablowski (Hrsg.): Fit für die Krise? Münster: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38344-fit-fuer-die-krise_44786, veröffentlicht am 30.04.2015. Buch-Nr.: 44786 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken