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Klaas Kunst

Vergangenheitsaufarbeitung im Rahmen des Nation-building. Deutschland und Südafrika nach 1989

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2014 (Studien zur Konflikt- und Friedensforschung 13); 408 S.; 99,80 €; ISBN 978-3-8300-8119-7
Diss. Marburg. – Für den Prozess des Nation‑Building in nachkonfliktären Gesellschaften oder für neu zu konstruierende Staaten ist die „Herstellung einer gemeinsamen Geschichte […] ein ungemein wichtiger Pfeiler für die Identifikation mit der neuen Nation“ (11), schreibt Klaas Kunst. Die Aufarbeitung der Vergangenheit betrachtet er als eine elementare Aufgabe nicht nur der neuen politischen Eliten, sondern der gesamten Gesellschaft. Zunächst erörtert Kunst verschiedene Konzepte, Möglichkeiten und Formen der Be‑ und Aufarbeitung einer von Gewalt und Unterdrückung geprägten Geschichte. Dabei differenziert er zwischen erstens Verurteilung der Verantwortlichen für ihre Verbrechen, zweitens Vergessen und Leugnen sowie drittens der öffentlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die unter anderem Wiedergutmachung, Anerkennung und Entschuldigungen umfasst. Diese drei Wege des Umgangs mit der Geschichte zieht Kunst für die Einordnung der Vergangenheitspolitik in Deutschland und Südafrika, die er im Hauptteil der Arbeit umfassend und vergleichend analysiert, heran. Gefragt wird nach den Strategien, die von den jeweiligen Regierungen ergriffen wurden, sowie nach den Reaktionen aus der Zivilgesellschaft. Ausführlich geht er auf die verschiedenen Maßnahmen und Aktionen ein: Auseinandersetzungen auf der politischen Ebene in Form von Kommissionen oder Gesetzen, einzelne Institute und Initiativen zur Aufarbeitung, Erinnerungsorte sowie die in beiden Ländern zahlreich geführten öffentlichen Debatten. Kunst vertritt dabei die These, dass die Aufarbeitung der DDR‑Vergangenheit in Deutschland nach 1989 weniger gut gelingen konnte, weil „weniger Menschen von den Umwälzungen betroffen bzw. direkt betroffen waren“ (12) – sei es als Täter, Aktivist, Opfer oder deren Angehörige. Die Chance, nach dem Fall der Mauer eine gesamtdeutsche Geschichte zu schaffen, wurde dem Autor zufolge zunächst nicht ergriffen und spätere Maßnahmen waren zumeist „auf die Wissenschaft bzw. auf die Betroffenen beschränkt“ (228). Dagegen erfolgte die Aufarbeitung in Südafrika „öffentlicher, unter Einbeziehung von größeren Teilen der Bevölkerung und hatte und hat so einen größeren Einfluss auf die Gesellschaft“ (362). Allerdings lasse sich in jüngerer Zeit auch die Strategie des Leugnens und Vergessens feststellen.
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Rubrizierung: 2.232.212.22.672.352.3245.22.3132.3142.315 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Klaas Kunst: Vergangenheitsaufarbeitung im Rahmen des Nation-building. Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38297-vergangenheitsaufarbeitung-im-rahmen-des-nation-building_46458, veröffentlicht am 16.04.2015. Buch-Nr.: 46458 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken