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Peter Becker

Armutsminderung durch Dezentralisierung in Kambodscha. Anspruch und Wirklichkeit ambitiöser Entwicklungsvorhaben

Berlin: Lit 2014 (Südostasien 13); 494 S.; 79,90 €; ISBN 978-3-643-12761-7
Politikwiss. Diss. Potsdam; Begutachtung: H. Kleger, H. Fuhr. – Wie in vielen Entwicklungsländern sei in den 1990er‑Jahren auch in Kambodscha versucht worden, das politische Prinzip der Dezentralisierung als Teil eines Good‑Governance‑Ansatzes durchzusetzen. Durch die Übertragung von Verantwortung der Zentralregierung auf kommunale Selbstverwaltung sollte vor allem die Armut reduziert werden. Doch Peter Becker kritisiert, dass dieses westliche Modell im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit mit zu wenig Rücksicht auf kulturelle Eigenheiten transferiert wurde, und zweifelt grundsätzlich an der Funktionalität dezentraler Regierungsstrukturen in nichtwestlichen Gesellschaften. Zwar könne Dezentralisierung tatsächlich Armut mindern, so seine Argumentation, die dazu nötigen gesellschaftlichen Kontextbedingungen seien in vielen Entwicklungsländern aber gar nicht vorhanden. Demokratie und Zivilgesellschaft hätten etwa in dem von den Roten Khmer gezeichneten Land keine Tradition. Auch habe die staatliche Verwaltung das Land nicht in einem dem Westen vergleichbaren Maß durchdrungen, sodass sich „die Bevölkerung noch in vielen Lebensaspekten selbst überlassen ist“ (117). Kambodscha habe ab Mitte der 1990er‑Jahre eine Vielzahl finanzieller Hilfen aus dem Ausland für Demokratisierungs‑ und Dezentralisierungsprogramme erhalten. Jedoch habe die autokratisch regierende Cambodian People‘s Party wenig Interesse an der Übertragung von Macht und Befugnissen auf lokale Stellen gezeigt und das Dezentralisierungsprogramm im Gegenteil dazu verwandt, entlegene Landesteile verwaltungstechnisch besser zu erschließen, um so die zentrale Kontrolle auszubauen. Auch der Verwaltungsapparat, der von Veruntreuung und Korruption profitiere, habe die Reformen nicht unterstützt. Trotzdem hätten internationale Geber „an den romantischen Vorstellungen von einer Entwicklungspartnerschaft“ (161) mit der Regierung festgehalten. Dass hier zwei Weltbilder konträr gegenüberstünden, ignorierten sie. Die Erfolglosigkeit der Programme bleibe trotz Evaluierung unerkannt, da diese Kontrollen der Komplexität der Prozesse nicht gerecht würden. Becker stellt seiner Arbeit eine Widmung an die Armen Kambodschas voran, denen er während seiner Arbeit begegnete. Er drückt die Hoffnung aus, dass seine Forschungsarbeit dazu beiträgt, die ausländische Hilfe effizienter und reflektierter zu gestalten. Seine Verbundenheit zum Land lässt sich vermutlich auch daran ablesen, dass er ein Abstract der Arbeit nicht nur auf Deutsch, Englisch und Französisch, sondern auch auf Khmer bietet.
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Rubrizierung: 2.682.214.442.22 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Peter Becker: Armutsminderung durch Dezentralisierung in Kambodscha. Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38247-armutsminderung-durch-dezentralisierung-in-kambodscha_46535, veröffentlicht am 02.04.2015. Buch-Nr.: 46535 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken