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Jörg Brettschneider

Nutzen der ökonomischen Theorie der Politik für eine Konkretisierung des Gebotes innerparteilicher Demokratie. Beschreibung innerparteilicher Entscheidungsprozesse als Wettbewerb eigennütziger Akteure und daraus folgende Regulierungsanforderungen

Berlin: Duncker & Humblot 2014 (Beiträge zur Politischen Wissenschaft 181); 171 S.; 74,90 €; ISBN 978-3-428-14418-1
In einer Parteiendemokratie, so Jörg Brettschneider, bestünden „erhebliche Herausforderungen, den Ordnungsrahmen für die Tätigkeit von Parteien und politischer Akteure Rahmen [sic!] angemessen zu gestalten, d.h. Regulierungsziele zu verfolgen und dabei einen angemessenen Grad an Regulierung zu finden und zu verwirklichen“ (148). Dieser fehlerhaft lektorierte Satz aus dem Fazit des Buches, das eine ausgearbeitete Version des von Brettschneider an der Bucerius Law School gehaltenen Promotionsvortrages darstellt, wirft – trotz oder wegen seiner rechtswissenschaftlichen Akzentuierung – mindestens eine zentrale Frage auf: Was heißt hier angemessen? Aus Sicht der Public‑Choice‑Theorie, die der Autor einnimmt, entsteht auf der Suche nach einer Antwort zunächst die Diagnose, dass die rechtlichen Rahmenvorgaben zur innerparteilichen Demokratie, wie sie Art. 21 Absatz 1 GG vorschreibt, nicht ausreichen, um einen gleichen, freien und fairen Wettbewerb etwa um politische Ämter sicherzustellen. Wie sei bei der Besetzung eines Mandats aber sicherzustellen, dass nicht ein(e) Bewerber_in quasi automatisch gewinne, nur weil von ihm/ihr bekannt sei, dass er/sie ein besonders enges und gutes Verhältnis zum Parteivorstand pflege, eine Außenseiterkandidatur indes aussichtslos sei? Brettschneider will solchen – für eine soziale Organisation, wie sie eben auch eine politische Partei darstellt, – normalen Beziehungsgeflechten mit mehr Regulierung begegnen. Das ist insofern bemerkenswert, als eine ökonomische Theorie zumeist zu viel staatliche Regulierung beklagt, weil diese die Entfaltung der Marktgesetze behindere. Der Ruf nach mehr Gesetzgebung kommt hier zustande, weil Brettschneider innerhalb der Praxis der politischen Parteien massive „Wettbewerbseinschränkungen“ (109) am Werke sieht, sodass überhaupt erst die Rahmenbedingungen für Markttätigkeit geschaffen werden müssten. Wenn erst einmal besserer Wettbewerb innerhalb der Parteien gewährleistet sei, dann würden sich automatisch auch Randpositionen eher durchsetzen und insgesamt, so Brettschneiders Hoffnung, die Qualität des parteipolitischen Prozesses steigen. Das alles mag in der strikten Dogmatik der Public‑Choice‑Theorie konkludent gefolgert sein; eine Prüfung indes, ob deren Prämissen überhaupt zutreffen und noch dazu in der Lage sind, die komplexen parteisoziologischen Prozesse angemessen abzubilden, darf dann auch nicht fehlen.
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Rubrizierung: 2.3312.322.3255.45 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Jörg Brettschneider: Nutzen der ökonomischen Theorie der Politik für eine Konkretisierung des Gebotes innerparteilicher Demokratie. Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38213-nutzen-der-oekonomischen-theorie-der-politik-fuer-eine-konkretisierung-des-gebotes-innerparteilicher-demokratie_46439, veröffentlicht am 26.03.2015. Buch-Nr.: 46439 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken