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Susanne Beer

Immanenz und Utopie. Zur Kulturkritik von Theodor W. Adorno und Guy Debord

Berlin: Lit 2012 (Politische Theorie 19); 197 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-643-11487-7
Gegenüber den Spielarten des orthodoxen Marxismus, die einen primär ökonomischen Widersprüchen folgenden Geschichtsverlauf postulierten, rückten für Vertreter des westlichen Marxismus Fragen der kulturellen Reproduktion kapitalistischer Herrschaft in den Vordergrund. Die Mechanismen gesellschaftlicher Integration schienen zumal in der Prosperitätsphase nach Ende des Zweiten Weltkriegs vielen linken Theoretikern so erfolgreich, dass an revolutionären Umbruch nicht mehr zu denken war. Auch die Arbeiten von Theodor W. Adorno und Guy Debord prägt die Diagnose, die zur zweiten Natur verselbstständigten gesellschaftlichen Verhältnisse hätten sich tief in die Subjekte eingegraben. Obschon unterschiedlicher Generationszugehörigkeit und Lebensumstände, so die Autorin, „ähneln sich ihre Fragestellungen und ihre theoretischen Verweise so sehr, dass man meinen könnte, sie arbeiteten an einem gemeinsamen Projekt der Kulturkritik“ (23). Sie stellt deren kulturkritische Perspektiven mit einem komparativen Ansatz kontrastierend gegenüber – auch in der Absicht, damit Antworten auf die Frage zu gewinnen, „warum die gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse – trotz zunehmender sozialer Spannungen und Krisen – als alternativlos erscheinen“ (8). Da sich Adorno wie Debord in ihrer Gesellschaftskritik vielfach mit Phänomenen der Entfremdung auseinandersetzen, erläutert die Autorin zunächst das Marx‘sche Konzept des Fetischismus. Die Ansätze immanenter Kritik gesellschaftlicher Subjektivierungsformen behandelt sie zum einen an Adornos schon in der „Dialektik der Aufklärung“ entwickelter Analyse des herrschenden Identitätsprinzips, zum anderen an Debords These der Inszenierung von Gesellschaft als Spektakel. Während Adorno und Debord in der Auseinandersetzung mit konkreten Praktiken der Kulturindustrie durchaus ähnliche Motive aufweisen, unterscheiden sie sich deutlich in Bezug auf utopische Perspektiven. Stehen bei Adorno Kunst und ästhetische Rationalität als deren Statthalter, so glaubt Debord an die Möglichkeit einer unmittelbaren Auflösung von Kunst in souveräne, selbstorganisierte Lebenspraxis.
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Rubrizierung: 5.465.425.33 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Susanne Beer: Immanenz und Utopie. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38202-immanenz-und-utopie_42762, veröffentlicht am 26.03.2015. Buch-Nr.: 42762 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken