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Werner Rätz / Dagmar Paternoga / Hermann Mahler

Solidarisch aus der Krise wirtschaften. Jenseits des Wachstums

Hamburg: VSA 2014 (AttacBasis Texte 46); 94 S.; 7,- €; ISBN 978-3-89965-624-4
Worum es geht, ist schnell gesagt: „Seit Jahrzehnten wirtschaftet die Menschheit mit der Erde, als hätte sie eine zweite in Reserve. Niemand zweifelt daran, dass es so nicht weitergehen kann.“ (7) Was politisch aus den menschengemachten Folgen rücksichtslosen kapitalistischen Wachstums im globalen Maßstab werden soll, vor allem, wie sich welche Alternativen durchsetzen ließen, erweist sich dann bereits als komplizierteres Unterfangen. Denn weder die gegenwärtige ökologische (Klimawandel und Ressourcenverschwendung), noch die soziale (Armut, soziale Ungleichheit) Krise ließen sich, so die Autor_innen, isoliert betrachten. Vielmehr bedürfe es einer ebenso wachstumskritischen wie integrierten Sicht, die wirtschaftliche und politische Problemzusammenhänge nicht nur als bloße Verteilungskonflikte zu betrachten vermag. Eine solche integrierte Perspektive werde nur dann möglich, wenn die bestehenden kapitalistischen Produktions‑ und Finanzverhältnisse radikal hinterfragt würden: „In der Sache halten wir den klaren Bruch mit dem Bestehenden für erforderlich.“ Was aber stattdessen tun? Die Liste möglicher Ideen und Ansätze ist lang: von einem Ende der „neoliberalen Politik des Sozialabbaus“ ist ebenso die Rede wie von einer Überwindung des „Marktglaubens“ (56) bis hin zur Auseinandersetzung mit „Konzepten ökologischer Erneuerung als marktgestütztem Produkt“ (57). In der Tat scheint das ein zentrales Merkmal einer neuen, zukunftsfähigeren Gesellschaft des „Genug für alle“ (70) und jenseits der Verheißungen des „westlichen Konsummodells“ (77) zu sein: dass eine Vielzahl paralleler, in Teilen auch nur lokal begrenzt umsetzbarer Maßnahmen ineinander greifen, dass also dezentral reformiert und verändert wird. Der Band umreißt viele dieser neuen Wege – von der Landbesetzung über Fischereikooperativen bis hin zum Thema der Allgemeingüter (commons) – und bleibt dadurch immer auch etwas Patchwork. Eine solche thematische Breite ist für eine, was der Band wohl auch ist, politisch‑programmatische Broschüre nicht falsch. Dennoch wäre, jenseits der richtigen und wichtigen und wiederholten Betonung der notwendigen Zusammenschau von ökologischer und sozialer Krise, eine Debatte über Wege der Umsetzbarkeit ebenso wünschenswert gewesen wie eine stärkere Systematisierung der einzelnen angesprochenen Politiken.
{LEM}
Rubrizierung: 2.22.222.264.43 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Werner Rätz / Dagmar Paternoga / Hermann Mahler: Solidarisch aus der Krise wirtschaften. Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38193-solidarisch-aus-der-krise-wirtschaften_46553, veröffentlicht am 19.03.2015. Buch-Nr.: 46553 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken