Skip to main content
Jan Treibel

Die FDP. Prozesse innerparteilicher Führung 2000-2012

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Die politischen Parteien der Bundesrepublik Deutschland); 283 S.; 22,90 €; ISBN 978-3-8329-5386-7
Politikwiss. Diss. Duisburg‑Essen; Begutachtung: K.‑R. Korte, A. Blätte. – Bei der Bundestagswahl 2013 verfehlte die FDP erstmals den Einzug in den Deutschen Bundestag – wenige Wochen, bevor Jan Treibel seine Arbeit im Rahmen der Disputation im Winter 2013 verteidigte. Da er diesen Tiefpunkt der Parteigeschichte nicht mehr mit untersuchen konnte, hat er der Buchausgabe einen entsprechenden Epilog beigefügt. Der Autor analysiert für einen Zeitraum von zwölf Jahren, wie die FDP intern Entscheidungen getroffen hat. Dazu wählt er einen interaktionistischen Ansatz, um die persönlichen Merkmale der Parteiführung, die Organisationsstruktur und die Umfeldbedingungen der Partei einbeziehen zu können. Die Geschichte, Strömungen, Organisationen, nahestehenden Unternehmen und Führungsfiguren werden übersichtlich dargestellt. Mithilfe von 28 Experteninterviews sowie teilnehmenden Beobachtungen auf Parteiveranstaltungen erhob Treibel für seine qualitative Fallstudie Daten. Das erarbeitete Material wertete er mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse aus. Und wer hatte nun das Sagen in der FDP? Zumindest hatten es nicht die einfachen Mitglieder. Wenn es nicht zum Ausnahmefall Mitgliederentscheid gekommen wäre, wäre die Parteibasis „aufgrund der Hypokrisie der Parteiorganisation bei den meisten Entscheidungsprozessen unbeteiligt“ (150) geblieben. Entscheidend sei die jeweilige Führungsebene gewesen. Der Autor vergleicht die im Untersuchungszeitraum aktiven Parteiführer auch in ihrer äußeren Wahrnehmung: Wolfgang Gerhardt gelte als langweilig, farblos und Guido Westerwelle als unkonventionell, aber unsympathisch. Rainer Brüderle habe den Ruf gehabt, ein populärer, aber anzüglicher Provinz‑Spaßpolitiker zu sein und Philip Rößler habe als nett, aber kompetenzlos gegolten. Parteiintern seien die FDP‑Chefs deutlich populärer gewesen. Bei einer kleinen Partei sei für das Führungspersonal aber „eine mehrheitlich positive Wahrnehmung extern seitens der Wähler eher sekundär“ (149). Im erwähnten Epilog nennt Treibel drei Optionen, mit denen es der FDP gelingen könnte, zumindest so viel Zuspruch zu bekommen, dass es für einen Wiedereinzug in den Bundestag reicht: Sie könnte der AfD in ihrem euroskeptischen Kurs folgen, wieder strikt marktliberal werden, um sich von den linken Oppositions‑Nachbarn abzugrenzen, oder eine sozialliberale Ausrichtung mit dem Schwerpunkt auf den Bürgerrechten einschlagen. Doch ein Neuanfang funktioniere nur mit günstigen internen Machtverhältnissen, denn die Analyse habe „gezeigt, dass eine Partei keine strikt hierarchisch geführte Organisation sein kann“ (250).
{WDE}
Rubrizierung: 2.3312.315 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Jan Treibel: Die FDP. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38156-die-fdp_46021, veröffentlicht am 12.03.2015. Buch-Nr.: 46021 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken