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Matthias Willing

Armutsbekämpfung nach Plan. Die Sozialfürsorge in der SBZ/DDR 1945-1990

Berlin: Eigenverlag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. 2011 (Sonderdrucke und Sonderveröffentlichungen 49); 107 S.; kart., 19,80 €; ISBN 978-3-7841-2088-1
Matthias Willing, der sich seit vielen Jahren mit der Sozialpolitik in Deutschland auseinandersetzt und 2008 ein Buch über die staatliche Sozialfürsorge in der SBZ und DDR vorgelegt hat, fasst in dieser überblicksartigen Darstellung seine bisherigen Forschungserkenntnisse zusammen. Auf diese Weise liefert er eine kompakte Gesamtschau zu diesem Thema. Die Kapitel bauen chronologisch aufeinander auf und folgen den vom Autor ausgemachten inhaltlichen Zäsuren. Das fürsorgerische Handeln zeichnete sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit durch „Improvisation und die Suche nach Notlösungen“ aus. Trotz der im Vergleich zu den westlichen Besatzungszonen relativ ähnlichen Startbedingungen seien bereits kurz nach Kriegsende kommunistische Bestrebungen feststellbar gewesen, das bis dato geltende Weimarer Fürsorgerecht außer Kraft zu setzen und ein „‚fortschrittliches‘ Basisversorgungssystem“ (7) zu installieren. 1947 wurde dann ganz offiziell die Dreigliederung in Versicherung, Versorgung sowie Fürsorge aufgehoben und eine Einheitssozialversicherung ins Zentrum der sozialen Sicherung gerückt. Für die Sozialfürsorge, die eine Hilfeleistung für Bedürftige einschließlich der Arbeitslosen darstellte und entsprechend für jene griff, die keine Unterstützung aus der Sozialversicherung erhielten, wurden erstmals in der deutschen Geschichte einheitliche (recht schmale) Sätze festgelegt und keine Rückerstattung der Kosten verlangt. Die Zeit zwischen Staatsgründung und Mauerbau bildete eine schwierige Konstituierungsphase der Fürsorge, in der zwar die deutliche Senkung der Ausgaben forciert wurde, aber die Zahl der Bezieher_innen von Unterstützung nicht maßgeblich gesenkt werden konnte. Um die Stimmung nach dem 17. Juni 1953 zu beruhigen, wurde sogar eine Anhebung der monatlichen Sätze angeordnet, ohne den Druck auf die Unterstützungsbeziehenden abzumildern. Während es in den 1960er‑Jahren nur geringfügige Änderungen im Sozialfürsorgerecht gab, sind während der Honecker‑Ära die Anhebung der Sozialleistungen und ein verstärkter Fokus auf die bereits in den 1950er‑Jahren etablierte Heimbetreuung zu konstatieren. Der Autor vermittelt einen guten Einblick in die Thematik, sein Buch enthält eine ganze Reihe an zeitgenössischen Dokumenten. Eine detaillierte Diskussion der Forschungsliteratur sowie wichtige Quellenbelege müssen allerdings in Willings Monografie „Sozialistische Wohlfahrt“ nachgelesen werden.
{IW}
Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Matthias Willing: Armutsbekämpfung nach Plan. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38130-armutsbekaempfung-nach-plan_44429, veröffentlicht am 05.03.2015. Buch-Nr.: 44429 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken