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Andreas Fischer-Lescano

Human Rights in Times of Austerity Policy. The EU Institutions and the Conclusion of Memoranda of Understanding

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Schriftenreihe des Zentrums für Europäische Rechtspolitik an der Universität Bremen [ZERP] 68); 95 S.; brosch., 25,- €; ISBN 978-3-8487-1239-7
In der andauernden Debatte um die Krise des europäischen Wirtschafts‑ und Währungssystems und die Formen ihrer politischen Bearbeitung legt Andreas Fischer‑Lescano ein Rechtsgutachten vor, das die Bindung der bislang dominierenden Spar‑ und Austeritätspolitik an grundlegende verfahrens‑ und menschenrechtliche EU‑Normen prüft. Seine Studie, die im Auftrag der Arbeiterkammer Wien und gewerkschaftlicher Organisationen in der Schriftenreihe des Zentrums für Europäische Rechtspolitik (ZERP) an der Universität Bremen erscheint, konzentriert sich dabei auf Vereinbarungen, die die Troika mit einzelnen verschuldeten Mitgliedsstaaten aushandelt. Gemeint sind die „Memoranda of Understanding“ (MoUs), in denen die Gewährung von Krediten aus dem ESM (früher ESFS) an konkrete wirtschaftspolitische Reformen geknüpft wird, die – wie Fischer‑Lescano eingangs verdeutlicht – die Mitgliedstaaten zu wirtschaftlich, sozialpolitisch und humanitär desaströsen Strukturanpassungsmaßnahmen zwingen. Die Frage, die Fischer‑Lescano zu beantworten versucht, ist so simpel wie zündend: Agieren die an der Aushandlung der MoUs beteiligten Organe der EU überhaupt auf der Grundlage des EU‑Primärrechts? Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Frage, inwiefern die MoUs soziale Rechte und Verfahrensgrundsätze verletzen, die etwa in Form der Grundrechtecharta von Lissabon zum Kernbestand europäischen Rechts gehören. Die Frage nach der Rechtmäßigkeit ist auch aus politikwissenschaftlicher Perspektive von Relevanz, weil damit das Verhältnis von europäischer Politik und Mitgliedstaaten zum Thema wird. So weist Fischer‑Lescano nicht nur auf eine fehlende demokratische Kontrolle der MoUs hin – „the control functions of the European Parliament and the ECJ are excluded but the regulatory functions of the Commission and the ECB are included“ (18). Er stellt auch fest, dass die MoUs direkte Auswirkungen auf Standards existentieller sozialer Rechte besitzen: „difficult access to work, threats to the living wage and the unavailibility of food, housing, water and other basic needs” (42). Zudem übertreten die an den MoU‑Verhandlungen beteiligten Organe der EU vertragliche Grundsätze, die es der Union verbieten, in konkrete Bereiche der Sozialpolitik einzugreifen. Im formalistisch‑juristischen Stil formuliert, liefert Fischer‑Lescano einen wichtigen Beitrag zur rechtspolitischen Einordnung europäischer Krisenpolitik, die als „autoritärer Liberalismus“ (Hermann Heller) erkennbar wird.
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Rubrizierung: 3.1 | 4.42 | 4.3 | 3.7 Empfohlene Zitierweise: Clemens Reichhold, Rezension zu: Andreas Fischer-Lescano: Human Rights in Times of Austerity Policy. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38121-human-rights-in-times-of-austerity-policy_46594, veröffentlicht am 26.02.2015. Buch-Nr.: 46594 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken