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Florian Schui

Austerität. Politik der Sparsamkeit: Die kurze Geschichte eines großen Fehlers. Autorisierte Übersetzung aus dem Englischen von Ingrid Proß-Gill

München: Karl Blessing Verlag 2014; 256 S.; 19,99 €; ISBN 978-3-89667-533-0
In der spannenden Analyse von Florian Schui umfasst der Begriff der Austerität eine Einschränkung des staatlichen und des privaten Konsums. Damit sind auch Lohnsenkungen eingeschlossen, der Austeritätsbegriff wird also weit ausgelegt. Somit argumentiert der Autor theoretisch folgerichtig: Nicht nur Südeuropa, sondern auch Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten (aufgrund der sinkenden Reallöhne) eine Austeritätspolitik betrieben – und diese sei gescheitert, da sie nicht zu mehr Wirtschaftswachstum geführt habe. Sehr ausführlich begründet Schui seine Prämisse allerdings nicht. Auf diesen Problemaufriss folgt eine geistesgeschichtliche Spurensuche: Für den moralischen Wert der Sparsamkeit seien schon Aristoteles und Thomas von Aquin eingetreten. Voltaire und Mandeville stünden dagegen für eine philosophische Begründung demonstrativen Luxuskonsums. Eine neuerliche Wende sei dann im 18. und 19. Jahrhundert zu verzeichnen: „Insbesondere Adam Smith [...] und Max Weber […] führten ihre Leser in eine Welt, in der einige Auserwählte, die Tugend und wirtschaftliche Vernunft besaßen, in Austerität lebten und dafür später leicht belohnt wurden.“ (73) Aus Geld soll mehr Geld werden, so das Narrativ des Kapitalismus, und hierzu bedarf es zunächst der Sparsamkeit. Diese Haltung verliert für Schui aber sehr schnell ihren Zauber: Schon der geringe Lebensstandard der frühkapitalistischen Arbeiterinnen und Arbeiter habe Zweifel daran hervorrufen müssen, dass Sparsamkeit immer und überall gut sei. Ausführlich erläutert der Autor dann die Zwischenkriegszeit und belegt, dass die von den Großmächten betriebene Austeritätspolitik zu wirtschaftlicher Stagnation führte. Auch das Scheitern der Weimarer Republik sei eng mit der Austeritätspolitik Brünings verbunden gewesen. Umfassend wird anschließend auf John Maynard Keynes eingegangen: Sein Verdienst sei es gewesen, das „Sparparadoxon“ (eine Senkung der Staatsausgaben führt über den Transmissionsriemen der einbrechenden staatlichen und privaten Nachfrage zu einer Senkung des Volkseinkommens und sogar zu einer Steigerung der Staatsverschuldung) theoretisch umfassend begründet und weithin bekannt gemacht zu haben. Mit Überlegungen zum Denken Friedrich August von Hayeks und zum „grünen“ politischen Denken schließt der inhaltliche Teil. Das Fazit des Autors lautet: „Für Austeritätsmaßnahmen in der heutigen Form gibt es keine überzeugende wirtschaftliche Argumentation – und auch keine zwingende moralische oder politische.“ (231)
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Rubrizierung: 5.15.35.452.22.342 Empfohlene Zitierweise: Kristian Klinck, Rezension zu: Florian Schui: Austerität. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38117-austeritaet_46425, veröffentlicht am 26.02.2015. Buch-Nr.: 46425 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken