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Ulf Bohmann (Hrsg.)

Wie wollen wir leben? Das politische Denken und Staatsverständnis von Charles Taylor

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Staatsverständnisse 66); 317 S.; brosch., 59,- €; ISBN 978-3-8487-1110-9
Der Band ist dem politischen Denken des kanadischen Sozialphilosophen Charles Taylor gewidmet, dessen politikwissenschaftliche Beiträge unter anderem der Kommunitarismusdebatte ausgeprägt Kontur verliehen haben. In drei großen Kapiteln – „I. Ideengeschichtliche Konstellationen“ (19 ff.), „II. Positionen und Begriffe“ (95 ff.) und „III. Demokratie und Institutionalisierungsfragen“ (219 ff.) – werden die thematische Bandbreite und die originäre Reichhaltigkeit des Taylor’schen Denkens reflektiert und wechselseitig zueinander in Bezug gesetzt. So diskutieren im ersten Teil Martin Oppelt, Andreas Braune, Tilman Reitz und Maike Weißpflug bedeutsame „Ideengeber und Bündnispartner“ (13) von Taylor. Wenn auch etwa den geistigen Wegbereitern Tocqueville und Heidegger nicht eigens Raum eingeräumt wird, so werden mit Rousseau und vor allem mit Hegel wirkmächtige Gewährsleute thematisiert, die zum Verständnis von Taylors eigenem Denken unverzichtbar sind. Darüber hinaus wird über Weißpflugs Vergleich von Hannah Arendt mit Taylor deutlich, welch unterschiedliche Interpretationspfade in der Ausdeutung unserer modernen Welt beide beschritten haben. Während Taylor im Kern auf die moralische Kraft unserer Tradition vertraut, ist Arendt angesichts ihrer These vom Traditionsbruch weitaus skeptischer. Im zweiten Kapitel werden „Positionen und Begriffe“ wie Entfremdung, Hermeneutik, Solidarität und „die flüchtige Gemeinschaft“ (John Dunn, 97 ff.) destilliert und im Kontext von Taylors bisherigem Gesamtwerk gedeutet. Gegen alle szientistisch geprägte Objektivierungsanmaßung wird auch in diesen Beiträgen herausgearbeitet, wie sehr Taylors Markenzeichen, nämlich Menschen als ihre Realität interpretierende Wesen zu würdigen, in spezifischen Begriffsausdeutungen der politischen Theorie sichtbar wird. Im abschließenden dritten Teil werden vor dem Hintergrund von Taylors Interpretation unserer Moderne praktische Fragen von der Bürgerbeteiligung über die Integration von Minderheiten bis hin zu konkreten Institutionalisierungsfragen eines modernen Föderalismus erörtert. Auch hier wird fundiert auf Taylors Atomismuskritik eingegangen, die von Dirk Jörke und Tobias Müller klug mit dem von Taylor nicht verwandten Begriff der Postdemokratie in Bezug gesetzt wird.
{KHB}
Rubrizierung: 5.465.425.412.642.21 Empfohlene Zitierweise: Karl-Heinz Breier, Rezension zu: Ulf Bohmann (Hrsg.): Wie wollen wir leben? Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38027-wie-wollen-wir-leben_46477, veröffentlicht am 29.01.2015. Buch-Nr.: 46477 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken