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Bo Fang

Politischer Reformismus. Ein philosophischer Entwurf Immanuel Kants

Würzburg: Königshausen & Neumann 2014 (Epistemata. Würzburger wissenschaftliche Schriften: Reihe Philosophie 547); III, 216 S.; brosch., 38,- €; ISBN 978-3-8260-5424-2
Diss. FU Berlin; Begutachtung: W. Schmidt‑Biggemann. – Bo Fang geht der Frage nach, „wie das Individuum auf unrechtmäßige Herrschaft in der modernen Gesellschaft reagieren soll“ (i). Bei Kant sei, so Fang, die Rechtsphilosophie unmittelbar an die politische Philosophie gebunden. Recht und Politik bedingen demnach einander. Daraus folgert er, dass bei Kant die Möglichkeit revolutionärer Gewalt gegen inakzeptable politische Verhältnisse ausgeschlossen sei, weil durch die Gewalt das bestehende Recht und damit die Grundlage der politischen Gemeinschaft aufgehoben würden. Stattdessen seien Reformen im Bestehenden, also graduelle Schritte der Veränderung und Anpassung der gegebenen Verhältnisse, die einzige legitime politische Strategie, um einen inakzeptablen Status quo zu überwinden. Im Rahmen einer kritischen Textanalyse unternimmt Fang vier Schritte, von denen die ersten beiden einer rechtsphilosophischen Ausrichtung folgen. Zunächst bestimmt er Kants Rechtsbegriff, insbesondere im Hinblick auf sein Verhältnis zur Freiheit, und dann den Staatsbegriff. Mit den Schritten drei und vier der Analyse wird die politisch‑philosophische Dimension in den Blick genommen: einerseits geht es um das Verhältnis von Recht und Politik und andererseits um die Funktion von Aufklärung als „Mittel der politischen Reform“ (10). Im Zuge seiner Analyse gelingt es Fang aufzuzeigen, wie sehr Kants politische Philosophie zwischen liberalen und republikanischen Prinzipien oszilliert. Und auch hinsichtlich seiner zentralen Frage wird Fang in seinem Fazit sehr deutlich: „Kants politischer Reformismus muss daher sowohl ‚Reform nach Prinzipien’ als auch ‚Reform nach Aufklärung’ bedeuten.“ (208 f.) Die Verwirklichung des Rechts, die immer auch die Verwirklichung der Freiheit aller Menschen impliziert, kennt nur die graduelle Veränderung. Soll Recht über Gewalt verwirklicht werden, wird es zu Unrecht. Das mag angesichts konkreten Leidensdrucks eine frustrierende, distanziert klingende Antwort auf die Frage nach dem Umgang mit illegitimer Herrschaft sein. Aber in der langen Sicht ist es die einzig vertretbare, die einzig politische, freiheitliche Antwort.
{LEM}
Rubrizierung: 5.33 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Bo Fang: Politischer Reformismus. Würzburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38020-politischer-reformismus_46268, veröffentlicht am 29.01.2015. Buch-Nr.: 46268 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken