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Behnam T. Said

Islamischer Staat. IS-Miliz, al-Qaida und die deutschen Brigaden

München: C. H. Beck 2014; 223 S.; brosch., 14,95 €; ISBN 978-3-406-67210-1
Mit dem Nahen und Mittleren Osten analysiert Behnam T. Said, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Landesamt für Verfassungsschutz in Hamburg, anschaulich eine Region, die „zunehmend ins Chaos“ (197) abgleitet: Die Großmächte finden keine gemeinsame Strategie, um sie zu kontrollieren; verschiedene islamistische Terrororganisationen kämpfen gegeneinander und gegen Regierungen; die Nationalstaaten verfolgen lediglich ihre eigenen Interessen. Von diesem Chaos profitieren jihadistische Organisationen. Said untersucht akribisch die Entstehungsgeschichte dieser Organisationen und schildert das „kollektive Gedächtnis der Jihadisten“ (19) – beispielsweise zitiert er einen syrischen Islamisten, der 1975 gegen das Assad‑Regime kämpfte, also lange vor dem Zerfall Syriens. Der Jihadismus ist demnach schon in den 1970er‑Jahren aus autoritären Gesellschaften hervorgegangen: „Das autoritäre Herrschaftsmodell spiegelt sich in dem jihadistischen totalitären Herrschaftsmodell von Staat und Gesellschaft wider.“ (48) Grundlegend verändert hat sich die politische Landkarte des Nahen und Mittleren Ostens erst mit dem Arabischen Frühling. Er wurde nicht von Islamisten ausgelöst, aber sie profitierten vom entstehenden Machtvakuum. Die Zahl der Jihadisten sei zwischen 2010 und 2013 „um 58 % gestiegen“ (55). Zur historischen Einordnung vergleicht Said die Sympathisantenszene der jihadistischen Szene mit dem Interesse linksorientierter junger Menschen für den spanischen Bürgerkrieg in den 1930er‑Jahren. Auch erinnert er daran, dass das „Phänomen internationaler Mobilisierung“ (109) keineswegs auf den Bereich Jihadismus beschränkt sei – auch die Guerilla‑Truppe FARC könne international Kräfte mobilisieren. Allerdings werden die in Syrien und im Irak kämpfenden Islamisten auch nach Ansicht des Autors zunehmend ein Problem für die Sicherheit Europas: Niemand wisse, wie und wann gewalttätige Rückkehrer einen Terroranschlag ausüben könnten – Syrien sei, anders als Afghanistan oder Pakistan, nicht weit von Europa entfernt, islamistische Jihadisten könnten leicht über die Türkei nach Deutschland einreisen. Wer sich für sicherheitspolitische Themen interessiert, sollte dieses spannend geschriebene Buch lesen.
{WWH}
Rubrizierung: 4.412.252.63 Empfohlene Zitierweise: Wahied Wahdat-Hagh, Rezension zu: Behnam T. Said: Islamischer Staat. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38000-islamischer-staat_46410, veröffentlicht am 22.01.2015. Buch-Nr.: 46410 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken