Worin bestand und besteht die Anziehungskraft des Nationalsozialismus? Was machte ihn für die Zeitgenossen in der Weimarer Republik so attraktiv, was fasziniert Menschen heute an dieser historischen politischen Erscheinung? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Sammelbandes. Einleitend knüpft die Herausgeberin an Martin Broszat an, der schon vor 45 Jahren anmahnte, „angesichts der Massenbasis“, die der Nationalsozialismus schon vor 1933 gehabt habe, nicht nur nach der „ideologischen Disponiertheit“ der ihn tragenden sozialen Schichten oder nach der „manipulativen Kraft“ der NS‑Propaganda, sondern auch „nach der realen sozialen Motivation des Nationalsozialismus“ (12) zu fragen. Dennoch sollte noch einige Zeit vergehen, bis die Geschichtswissenschaft sich diesem Komplex vermehrt annahm. Dieser interdisziplinäre Sammelband nähert sich diesen Fragen auf unterschiedliche Weise. Einige der insgesamt sechzehn Beiträge thematisieren die Wirkung von Gewalterfahrungen und Kriegserlebnis auf die deutsche Gesellschaft und ihre Auswirkung auf Programmatik und Praxis der Nationalsozialisten, andere widmen sich der nationalsozialistischen Konstruktion von Volk und dem egalitären Versprechen der „Volksgemeinschaft“. In drei Beiträgen wird der gegenwärtige Rechtsextremismus untersucht. So beschreibt etwa Jan Buschbohm die rechtsextremen Gefühls‑ und Lebenswelten heutiger Rechtsradikaler und fasst diese im Paradoxon der „konformistischen Rebellion“ (292) zusammen. Heiner Keupp untersucht aus sozialpsychologischer Perspektive die Attraktivität des Rechtsradikalismus und geht unter Rückgriff auf klassische Studien, wie zum Beispiel von Ernst Fromm, vor allem dem „inneren Zusammenhang von Ohnmachtsgefühlen und Gewalt“ (294) nach. Insgesamt liegt damit ein empfehlenswerter und reichhaltiger Sammelband vor, der auch Kennern der NS‑Geschichte neue interessante Details vermitteln und Forschungsfragen anregen wird. Durch die Thematisierung des heutigen Rechtsextremismus wird darüber hinaus ein Bogen zu aktuellen Problemlagen geschlagen.