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Katharina Ebner / Tosan Kraneis / Martin Minkner / Yvonne Neuefeind / Daniel Wolff (Hrsg.)

Staat und Religion. Neue Anfragen an eine vermeintlich eingespielte Beziehung

Tübingen: Mohr Siebeck 2014; XI, 253 S.; Ln., 74,- €; ISBN 978-3-16-153404-1
Die Individualisierung, Pluralisierung und Internationalisierung im religiösen Bereich stellen eine zunehmende Herausforderung für das Religionsverfassungsrecht in Deutschland dar. Vor diesem Hintergrund veranstalteten Stipendiat_innen des Cusanuswerks in Schwerte 2013 eine rechtswissenschaftliche Tagung, die Vorträge sowie die Berichte über die in deren Anschluss geführten Diskussionen sind in diesem Sammelband dokumentiert. Er ist vier Abschnitte gegliedert: Der erste Teil umfasst interessante Artikel grundlegender Art. So schildert etwa Franz‑Xaver Kaufmann die Entwicklungen von Kirche, Religion und sozialem Wandel in Deutschland und die parallele Entflechtung der Verbindungen von Staat und Religion. Er konstatiert dabei eine zunehmende „Gleichgültigkeit“ (17) gegenüber den Kirchen. Tine Stein diskutiert anhand zentraler Schriften des Juristen Ernst‑Wolfgang Böckenförde die Frage, ob der Staat Religion braucht. Ihr zufolge sollte sich der Staat den religiösen Ursprung, aus dem die Idee der Unbedingtheit der Menschenwürde entstanden sei, präsent halten. Dies könnte etwa dadurch geschehen, dass explizit religiöse Bezüge in parlamentarischen Debatten, zum Beispiel zu bioethischen Themen, artikuliert werden. Im zweiten Abschnitt, in dem das Thema „Religionsfreiheit unter dem Grundgesetz“ (73 ff.) erörtert wird, konstatiert Fabian Wittreck, dass die Religionsfreiheit in Deutschland unter Druck gerate, indem sie unter anderem einem einfachen oder moderat modifizierten Gesetzesvorbehalt unterworfen und die korporative Religionsfreiheit im Vergleich zur individuellen Religionsfreiheit immer stärker in der Rechtsprechung und in den Fachdiskussionen in den Hintergrund gedrängt werde. Der dritte Teil nimmt sich ganz konkreten Konfliktbereichen im Verhältnis von Staat und Religion an. Stefan Muckel beschreibt etwa, dass das bestehende Religionsverfassungsrecht ausreiche, um mit den Herausforderungen durch die islamischen Glaubensrichtungen umzugehen. Kyrill‑Alexander Schwarz wiederum argumentiert, dass es gerechtfertigt sei, rituelle Beschneidungen von Jungen aus religiösen Gründen zu erlauben, da die Religionsfreiheit in diesem Fall höher zu gewichten sei als die körperliche Unversehrtheit. Mit einigen Bemerkungen zum Verhältnis von Recht und Religion im vierten Teil beschließt Christian Waldhoff den Band. Die Artikel weisen allesamt ein hohes wissenschaftliches Niveau auf. Gewinnbringend sind dabei auch immer die Diskussionsberichte zu jedem einzelnen Vortrag, in denen auf viele Fragen, die sich auch den Leser_innen stellen werden, eingegangen wird.
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Rubrizierung: 2.352.325.41 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Katharina Ebner / Tosan Kraneis / Martin Minkner / Yvonne Neuefeind / Daniel Wolff (Hrsg.): Staat und Religion. Tübingen: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37894-staat-und-religion_46276, veröffentlicht am 11.12.2014. Buch-Nr.: 46276 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken