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Philipp Wennholz

Ausnahmen vom Schutz vor Refoulement im Völkerrecht

Berlin: BWV Berliner Wissenschafts-Verlag GmbH 2013 (Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam 37); XVIII, 325 S.; 49,- €; ISBN 978-3-8305-1409-1
Rechtswiss. Diss. Potsdam; Begutachtung: A. Zimmermann, E. Klein. – Philipp Wennholz widmet sich dem „Kardinalsprinzip“ (17) des Flüchtlingsvölkerrechts, dem sogenannten Refoulementverbot (Genfer Flüchtlingskonvention, GFK Art 33,1). Ausgangspunkt ist dabei die Feststellung eines Spannungsverhältnisses zwischen Individualrechten und nationalen Sicherheitsinteressen, das in der GFK zur Ausklammerung unter anderem von Kriegsverbrechern von flüchtlingsrechtlichen Schutzansprüchen geführt hat. Im ersten Teil der Untersuchung unternimmt Wennholz eine Differenzierung des Refoulementverbots nach dessen Auslegung im engeren und im weiteren Sinne. Sinnvoll und relevant ist diese Unterscheidung dem Autor zufolge nicht nur aus rechtsdogmatischer Sicht, sondern auch vor dem Hintergrund, dass mit der weiten Auslegung des Verbots auch ein komplementärer Schutz verbunden ist, der über den originären Schutz der GFK hinausgeht. Angesichts der praktischen Herausforderungen, vor denen der Flüchtlingsschutz heute steht und die bei der Formulierung der GFK so noch nicht absehbar waren, erscheint das „strikt territoriale Verständnis [des Anwendungsbereichs der GFK] […] nicht mehr zeitgemäß“ (35 f.). Allerdings ergibt sich aus dieser Entwicklung, die unter anderem im Rahmen von regionalen Konventionen stattgefunden hat, auch keine unbegrenzte Ausweitung des Anwendungsbereichs der GFK – der Schutzbereich des Refoulementverbots erstreckt sich nach Wennholz nicht in die Herkunftsländer der Flüchtlinge. Wie es allerdings um die Frage der sogenannten sicheren Drittstaaten steht, wird vom Autor zusammen mit zwei weiteren ungeschriebenen Ausnahmen des Refoulementverbots in Kapitel 10 der Untersuchung analysiert, zu denen die internen Fluchtalternativen (internal flight alternatives) und der Sachverhalt des Massenzustroms (mass influx) gehören. In den ersten beiden Fällen kann mit Blick auf den allgemeinen Menschenrechtsschutz dem Autor zufolge „immer weniger außer Betracht bleiben, ob und inwieweit [ein Flüchtling] […] sich an dem Alternativort auf die Wahrung eines Mindeststandards an bürgerlichen und politischen wie auch wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten verlassen kann“ (287). Der Schutz vor Verfolgung allein ist demnach nicht ausreichend. Für das Szenario des Massenzustroms gilt darüber hinaus, dass für Asylsuchende, auch wenn sie als Teil eines Flüchtlingsstroms gesehen werden sollten, die gleichen Schutzrechte gelten. Wenn sich die Anforderungen an die über 60 Jahre alte Genfer Flüchtlingskonvention somit auch geändert haben, ihr Schutzniveau ist bisher von anderen Völkerrechtsnormen komplementiert, jedoch nicht übertroffen worden.
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Rubrizierung: 4.14.42 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Philipp Wennholz: Ausnahmen vom Schutz vor Refoulement im Völkerrecht Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37878-ausnahmen-vom-schutz-vor-refoulement-im-voelkerrecht_44811, veröffentlicht am 11.12.2014. Buch-Nr.: 44811 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken