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Erwin K. Scheuch / Ute Scheuch

Cliquen, Klüngel und Karrieren oder 15 Thesen gegen den Verfall der politischen Kulturen

Berlin: Lit 2013 (Politikwissenschaft 189); 200 S.; überarb. Neuaufl.; 19,90 €; ISBN 978-3-643-11702-1
Die neu publizierte Studie erregte im Erscheinungsjahr 1992 erhebliches öffentliches Aufsehen. Der konservative Soziologe Erwin K. Scheuch legte mit seiner Frau zunächst einen kurzen Bericht vor (für die Wirtschaftsvereinigung der CDU‑NRW), der später zum Buch ausgebaut wurde. Eingebettet in eine Darstellung der wissenschaftlichen Literatur zum Thema Parteien beschäftigt sich die eher essayistisch gehaltene Studie mit Politikernetzwerken auf der lokalen Ebene Kölns. Skizziert wird ein kartellhaftes System der Vorteilsnahme, in dem die Versorgung von Politikern in städtischen Unternehmen auf der Tagesordnung steht. Das Buch ist polemisch, einseitig, teilweise schlecht belegt und trotzdem lesenswert. Denn Erwin K. und Ute Scheuch wenden sich als Konservative zwar eindeutig gegen die Frankfurter Schule, liefern aber inhaltlich eine Facette von Jürgen Habermas‘ aus dem Jahr 1962 stammender Refeudalisierungsthese. Sie begründen die Existenz eines Politikerkartells vor allem mit der programmatischen Leere in den politischen Parteien. Die Abkopplung von politischen Werten sei für die Eigenständigkeit von ademokratischen Netzwerken verantwortlich. Zur Lösung des Problems unterbreiten die Autoren 15 Vorschläge, die teilweise absurd anmuten. Zum Beispiel solle nur derjenige ein politisches Mandat erhalten können, der vorher mindestens zehn Jahre seinen Lebensunterhalt durch Ausübung eines Berufes gedeckt hat. Andere Vorschläge (wie die Begrenzung der Legislaturperioden) werden auch heute unterbreitet. Insofern handelt es sich durchaus um einen „Klassiker“ der Parteienkritik, der dem Vergleich zu heute populären Schriften standhält. Das Buch wurde für die Neuauflage von Ute Scheuch leicht überarbeitet. Das kommt dem Text nicht zugute. Es ist unsinnig, vereinzelt Vergangenheitsformen einzufügen – der Text ist auf dem Stand von 1992 und sollte auch genauso wiedergegeben werden. Außerdem wurde, ohne dass dies vermerkt worden ist, eine kurze Passage mit möglicherweise bedenklichem Inhalt gestrichen (Seite 73). Das von Ute Scheuch (ihr Mann verstarb 2003) neu beigefügte Nachwort enthält weitere Skandalgeschichten aus Köln. Reizvoll wäre es, wenn das Buch Anregungen für eine wirklich fundierte und nicht anekdotisch vorgebrachte Lokaluntersuchung liefern würde. So ist es eine wütend und zu wenig distanziert verfasste Schmähschrift, deren Inhalt jedoch durchaus zu verstören weiß. Warum der Untertitel (ursprünglich „Über den Verfall der politischen Parteien – eine Studie“) derart seltsam umgewandelt wurde, erschließt sich dem Rezensenten nicht.
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Rubrizierung: 2.331 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Markus Linden, Rezension zu: Erwin K. Scheuch / Ute Scheuch: Cliquen, Klüngel und Karrieren oder 15 Thesen gegen den Verfall der politischen Kulturen Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37844-cliquen-kluengel-und-karrieren-oder-15-thesen-gegen-den-verfall-der-politischen-kulturen_42635, veröffentlicht am 04.12.2014. Buch-Nr.: 42635 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken