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Marcel Hempel

Der Bundestag und die Nachrichtendienste – eine Neubestimmung durch Art. 45d GG?

Berlin: Duncker & Humblot 2014 (Schriften zum Öffentlichen Recht 1268); 249 S.; 69,90 €; ISBN 978-3-428-14353-5
Rechtswiss. Diss. Hannover; Begutachtung: V. Epping, V. Mehde. – Marcel Hempel untersucht die demokratische Qualität der Zusammensetzung (prozedural wie faktisch) des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr), jenes parlamentarischen Ausschusses, dem die Überwachung der Exekutive mit Blick auf deren geheim‑ und nachrichtendienstliche Tätigkeiten obliegt. Damit berührt er ein ebenso brisantes wie wichtiges Thema, denn angesichts des NSA‑Skandals und der in diesem Rahmen aufgedeckten Problematik der massenhaften Datenauswertung stellt sich das Problem demokratischer Kontrolle der Geheim‑ und Nachrichtendienste so vehement wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Der 2009 neu geschaffene Art. 45d GG legt die Aufgabe des PKGr mit Blick auf die drei Nachrichtendienste des Bundes (BND, BfV, MAD) wie folgt fest: „Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle ist die Überprüfung der Regierung und der an ihre Weisung gebundenen Verwaltung mit dem Ziel festzustellen, ob sich die exekutiven Organe an die für sie maßgeblichen rechtlichen Vorgaben halten.“ (56) Hempels spezifisches Interesse zielt nun auf die Frage, wie der Tatbestand aus demokratischer wie rechtlicher Perspektive zu bewerten ist, wenn der PKGr – aus diversen Gründen – in seiner personellen Struktur nicht alle im Parlament vertretenen politischen Parteien abbildet (Anspruch der „Spiegelbildlichkeit“). Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Kandidat einer Fraktion nicht die erforderliche Mehrheit bei einer Abstimmung erhält (in der 17. Legislaturperiode Wolfgang Neskovic von der Partei Die Linke) oder wenn es wegen der Brisanz der im PKGr behandelten Materie als politisch opportun erscheint, Vertreter extremistischer oder verfassungsfeindlicher Parteien generell nicht in dieses Gremium zu wählen. Hempel kommt unter anderem zu dem Schluss, dass eine Nichtberücksichtigung „von geheimnisunfähigen oder ‑unwilligen Abgeordneten“ (226) das Gebot der „Spiegelbildlichkeit“ bei der Besetzung des Gremiums nicht unterminiere. Und das nicht nur deshalb, weil eine spiegelbildliche Besetzung nach Art. 45d GG nicht explizit gefordert werde, sondern weil neben dem PKGr auch weitere Ausschüsse, die Fraktion wie auch die einzelnen Abgeordneten selbst in ihrem Auskunftsrecht gegenüber der Exekutive nicht eingeschränkt werden. Eine Abwahl von Mitgliedern des PKGr im Sinne der wehrhaften Demokratie aber nur mit Verweis auf deren extremistische oder verfassungsfeindliche politische Herkunft sei unzulässig.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.322.3212.324 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Marcel Hempel: Der Bundestag und die Nachrichtendienste – eine Neubestimmung durch Art. 45d GG? Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37839-der-bundestag-und-die-nachrichtendienste--eine-neubestimmung-durch-art-45d-gg_46210, veröffentlicht am 27.11.2014. Buch-Nr.: 46210 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken