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Inga Švarca

The Procedure of the European Court of Human Rights. Regarding Countries in Transition. The ECtHR's Transitional Justice Cases against Latvia

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2014 (Studien zum Völker- und Europarecht 118); LXXI, 358 S.; 129,80 €; ISBN 978-3-8300-7632-2
Diss. Hamburg; Begutachtung: R. Wolfrum, S. Oeter. – Welche Rolle spielt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) für Staaten, die sich auf den Weg der Demokratie begeben haben? Folgt man Inga Švarca, ist der EGMR für eine Vielzahl von ihnen, insbesondere diejenigen der ehemaligen Sowjetunion, „de facto zum Gericht der letzten Instanz“ (1) geworden. In Ermangelung von Sondergerichten und angesichts von Herausforderungen, unter anderem durch den Mangel an Rechtsstaatlichkeit, fehlendes Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen sowie exzessive Korruption, spielt der EGMR für diese Staaten die Rolle einer Transitional Justice‑Institution, die menschenrechtsbezogene Klagen sowohl innerhalb von Staaten, also zwischen Bürger_innen und ihren Regierungen, als auch zwischen Staaten verhandelt. Die Autorin versteht Transitional Justice dabei als den Umgang junger Demokratien mit Menschenrechtsverletzungen, der strafrechtliche Maßnahmen oder alternativ durchaus auch weitergehende Mittel und Wege der Vergangenheitsbewältigung umfassen kann. Wenn sie schreibt, dass Fragen des Prozesses und der Zuständigkeit Einfluss auf das Ergebnis eines juristischen Verfahrens haben, gilt dies besonders im Fall des EGMR. Švarca zufolge ist der EGMR den sich hieraus ergebenden Anforderungen nicht durch eine Anpassung seiner prozeduralen Regeln begegnet. Innerhalb des rechtlich festgelegten Rahmens der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entscheidet der Gerichtshof „selbst über seine Zuständigkeit […] und selbst über die Verfahrensart“ (95) und es werden ihm weitreichende Freiheiten unter anderem bei der Priorisierung von Fällen, der Zusammensetzung des Gerichts bei der Untersuchung eines Falls oder der Involvierung von dritten Parteien eingeräumt. Deshalb verhält sich der Gerichtshof in Fällen von Transitional Justice, wie Švarca am Beispiel Lettlands zeigen kann, hinsichtlich der Prozessregeln uneinheitlich. Im Ergebnis der Studie lauten die Empfehlungen in Richtung des EGMR daher vor allem, Fälle von Transitional Justice transparent zu machen, gleichzeitig deutlicher von Fällen ohne Berührung zu diesem Bereich abzugrenzen und sich nicht zuletzt klarer zur Frage der eigenen Rolle in Transitional Justice‑Prozessen zu positionieren.
Christian Patz (CPA)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Fachbereich Politikwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rubrizierung: 4.3 | 2.61 | 4.42 | 2.2 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Inga Švarca: The Procedure of the European Court of Human Rights. Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37727-the-procedure-of-the-european-court-of-human-rights_45986, veröffentlicht am 30.10.2014. Buch-Nr.: 45986 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken