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Hans-Jürgen Bieling / Tobias Haas / Julia Lux (Hrsg.)

Die Internationale Politische Ökonomie nach der Weltfinanzkrise. Theoretische, geopolitische und politikfeldspezifische Implikationen

Wiesbaden: Springer VS 2013 (Sonderheft der Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik 5/2013); 249 S.; 39,99 €; ISBN 978-3-658-04119-9
Die inhaltliche und theoretisch‑methodische Palette der Beiträge in diesem Band ist breit, dabei aber sehr anregend. Ziel ist es, einerseits den „state of the art ohne Anspruch auf Vollständigkeit“ der vergleichsweise jungen, deutschsprachigen Forschung zur Internationalen Politischen Ökonomie (IPÖ) zu vermitteln. Andererseits wollen die Herausgeber eine Zwischenbilanz zu den „Implikationen der Krisenprozesse für die Forschung und die IPÖ als Interdisziplin“ (3) ziehen. Ihr spezifisches Krisenverständnis bildet dabei die Klammer der Beiträge: Krisen seien sozial konstruiert, „räumlich höchst ungleich verteilt“ (4) und divergieren auch in politikfeldspezifischer Hinsicht. Gerade mit Blick auf den normativen Bias der europäischen Integrationsforschung ist es lobenswert, dass die Herausgeber „eine strikte nationale Fokussierung aufbrechen und überwinden“ (8) wollen, um so den Blick für die sich intensivierenden Transformationsprozesse im Verhältnis zwischen Märkten und Staaten zu schärfen. Den Reigen der Einzelbeiträge eröffnet ein Aufsatz von Michael Franke zu den Global‑Economic‑Governance‑Bemühungen der vergangenen Jahre. Dabei zeigt er mithilfe des „Societal Approachs“ (25) anschaulich auf, dass bei dieser „multilaterale[n], regelgestützte[n] Steuerung der Weltwirtschaft durch öffentliche und private Akteure“ (13) Einzelstaaten – je nach innerstaatlicher Interessenkonstellation – unterschiedlich agieren und zugleich zunehmend an klassischer politischer Steuerungsfähigkeit verlieren. In ähnlicher Weise nähert sich Oliver Kessler mit einem konstruktivistischen Ansatz dem Konnex zwischen Politik, Sozialität und Finanzmärkten und hier insbesondere der Frage der Unsicherheit. Dabei geht er von der Annahme aus, dass das rationalistische Paradigma nur noch bedingt geeignet ist, um das Krisengeschehen (auf den Märkten) zu erklären. Neben einer Ausleuchtung der geopolitischen Krisenfolgen in verschiedenen Weltregionen sind vor allem auch die Beiträge lesenswert, die sich mit den Interdependenzen mit anderen (schon länger) bestehenden Krisenphänomenen beschäftigen. Kritisch fällt das Urteil von Brigitte Young zu den Regulierungsbemühungen der G20 aus. So zeichneten sich die „technischen Expertengremien der globalen Finanz‑Governance“ nach wie vor durch eine „Exklusivität der Entscheidungen“ sowie das Fehlen einer „politische[n] Rechenschaftspflicht“ (176) aus. Nicht umsonst verweisen Bieling et al. in ihrem Fazit darauf, dass es bisher – trotz sinkender Zustimmungswerte für die EU – nicht gelungen sei, ein „gegenhegemoniales politisches Projekt“ (246) zu formieren.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 4.14.435.453.64.222.22.682.652.64 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Hans-Jürgen Bieling / Tobias Haas / Julia Lux (Hrsg.): Die Internationale Politische Ökonomie nach der Weltfinanzkrise. Wiesbaden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37699-die-internationale-politische-oekonomie-nach-der-weltfinanzkrise_45825, veröffentlicht am 23.10.2014. Buch-Nr.: 45825 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken