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Sarah Baumann

... und es kamen auch Frauen. Engagement italienischer Migrantinnen in Politik und Gesellschaft der Nachkriegsschweiz

Zürich: Seismo 2014; 192 S.; 26,- €; ISBN 978-3-03777-139-6
Geschichtswiss. Masterarbeit Fribourg; Betreuung: D. Skenderovic. – Migration ist kein männliches Phänomen, dennoch blieben Frauen als Migrierende lange Zeit „unsichtbar“ oder wurden „bestenfalls als passiv mit‑ oder nachreisende Ehefrauen und Mütter“ (13) betrachtet. Dieser Problematik widmet sich Sarah Baumann am Beispiel der italienischen Arbeitsmigration in die Schweiz nach 1945. Sie stellt dabei nicht nur die Frauen in den Vordergrund, sondern untersucht auch deren offensiven Umgang mit sozialer Ablehnung und politischer wie ökonomischer Diskriminierung: Welche Handlungsstrategien hatten die italienischen Migrantinnen, um „ihre wirtschaftliche, soziale und politische Position auf lokaler, nationaler und transnationaler Ebene zu verbessern“ (17)? Baumann konzentriert sich auf die Frauen, die Mitglieder der Federazione delle Colonie Libere Italiane in Svizzera (FCLIS, dt. Bund Freier Italienischer Kolonien in der Schweiz) waren, der größten Organisation italienischer Einwanderer_innen in der Schweiz. Auch in der FCLIS nahmen die Frauen lange eine marginalisierte Rolle ein, fast ausschließlich beschränkt auf karitative Tätigkeiten. Erst auf dem Nationalkongress 1967 gelang es ihnen, sich und die besonderen Probleme, die ihre Rolle als Frauen und Arbeitsmigrantinnen mit sich brachte, einzubringen. Trotzdem war es noch ein langer Weg bis zur Anerkennung der Frau als gleichwertige Akteurin der Arbeitsmigration, oder wie die Autorin es ausdrückt: „Die emanzipatorische Ideologie der Colonie Libere machte vor der Emanzipation der Frauen Halt.“ (68) Das Bild der Frau als Hausfrau, Mutter und moralische Stütze des arbeitenden Mannes war lange unverrückbar. Erst ein knappes Jahrzehnt später gelang ein zäher „Wiederaufschwung der Frauenthematik“ (132), als eine Tagung zu den Problemen von Migrantinnen 1975 zum Manifest der ausländischen Frau führte. Baumann zeichnet ein umfassendes Bild der italienischen Migrantinnen in der Schweiz und zeigt glaubhaft auf, dass sie „nicht nur für den Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegszeit von Bedeutung“ waren, sondern auch „als soziale und politische Akteurinnen“ (155) in Erscheinung traten. Besonders interessant ist der Kampf um Rechte und Mitwirkung als Spiegel der Schweizer Gesellschaft zu sehen, die noch bis in die 1990er‑Jahre Frauen wie Ausländer_innen bürgerrechtlich ausschloss.
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.5 | 2.22 | 2.263 | 2.27 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Sarah Baumann: ... und es kamen auch Frauen. Zürich: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37697--und-es-kamen-auch-frauen_45635, veröffentlicht am 23.10.2014. Buch-Nr.: 45635 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken