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Claudia Sorger

Wer dreht an der Uhr? Geschlechtergerechtigkeit und gewerkschaftliche Arbeitszeitpolitik

Münster: Westfälisches Dampfboot 2014; 281 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-89691-966-3
Diss. Wien; Begutachtung: C. Goldberg, B. Sauer. – Arbeitszeitfragen sind für gleichstellungspolitische Belange von elementarer Bedeutung, strukturieren sie doch erheblich das Verhältnis von Erwerbs‑ und unbezahlter Versorgungsarbeit, in dem sich die Geschlechterverhältnisse widerspiegeln. „Arbeitszeitmuster [sind] konstituierend für die Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und im Sozialsystem sowie für die Verteilung von Macht und Ressourcen insgesamt“ (16). Vor diesem Hintergrund fragt Claudia Sorger am Beispiel Österreichs, wie eine geschlechtergerechte Arbeitszeitpolitik aussehen könnte und inwieweit frauen‑ und geschlechterpolitische Interessen in die gewerkschaftliche Arbeitszeitpolitik einfließen. Um die Umsetzungschancen für eine gerechte Arbeitszeitverteilung zwischen den Geschlechtern analysieren zu können, entwickelt Sorger auf der Basis der geschlechtertheoretischen Debatte um Gleichheit und Differenz Kriterien für eine geschlechtergerechte Arbeitszeit. Dazu zählt sie unter anderem das „Aufbrechen des [am männlichen Erwerbsmodell ausgerichteten] Normalarbeitszeitstandards“, die „Anerkennung von Versorgungsarbeit als gesellschaftlicher Aufgabe“, die „Um‑ bzw. Gleichverteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit“ sowie die „Veränderung der betrieblichen Arbeitskultur“ (165). Anders als bisherige Ansätze zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zeigt ein solch breites Verständnis, welch enormes Potenzial der Arbeitszeitpolitik für das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit zukommt. Die Ergebnisse der anhand von Leitfadeninterviews durchgeführten Analyse der Ziele, Programme, Debatten und Politik der österreichischen Gewerkschaften halten den Kriterien kaum stand. Zwar kam es nach einem jahrzehntelangen arbeitszeitpolitischen Stillstand 2010 infolge der Wirtschaftskrise zu einer Wiederbelebung von Arbeitszeitfragen, aber eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der geschlechtsspezifischen Rollenverteilung blieb aus. Folglich sieht die Autorin die Gewerkschaften vor enorme Herausforderungen gestellt, „um die anstehenden – bereits überfälligen – Zeitkonflikte zu lösen und (wieder) eine aktive Rolle in der Gestaltung einer emanzipatorischen Arbeitszeitpolitik einzunehmen“ (259).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.42.222.2622.27 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Claudia Sorger: Wer dreht an der Uhr? Münster: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37655-wer-dreht-an-der-uhr_46049, veröffentlicht am 09.10.2014. Buch-Nr.: 46049 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken