Skip to main content
Karl Gabriel / Hans-Richard Reuter / Andreas Kurschat / Stefan Leibold (Hrsg.)

Religion und Wohlfahrtsstaatlichkeit in Europa. Konstellationen – Kulturen – Konflikte

Tübingen: Mohr Siebeck 2013; VIII, 513 S.; Ln., 89,- €; ISBN 978-3-16-151717-4
Welchen Einfluss haben Religionen auf die Ausprägung der europäischen Wohlfahrtsstaaten? Dieser in der Forschung bisher weitgehend vernachlässigten Thematik gehen die Autor_innen dieses Sammelbandes in 13 Länderstudien nach. Mit Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, den Niederlanden, Polen, Russland, Schweden, Spanien, dem Vereinigten Königreich sowie der Türkei wird ein breites Spektrum an wohlfahrtstaatlichen und auch religiösen Konstellationen untersucht. Die Leitfrage aller Beiträge lautet dabei, „ob religiöse Traditionen aus sich selbst heraus wohlfahrtsstaatsproduktiv“ sind oder „sie diese Produktivität erst unter bestimmten historischen Bedingungen“ (20) entwickeln. Jeder der 30‑ bis 40‑seitigen Beiträge ist dabei so konzipiert, dass zunächst die wohlfahrtsstaatliche Entwicklung mit ihren Leitproblemen und besonderen Konflikten sowie die Rolle der Religionsgemeinschaften besprochen werden, bevor auf die spezifische Wohlfahrtskultur mit entsprechenden religiösen Soziallehren und sozialen Wertideen und schließlich auf die Institutionen des Wohlfahrtssektors eingegangen wird. Auf dieser Grundlage lässt sich dann ein systematischer Vergleich mit generalisierenden Aussagen vornehmen. Dieser Aufgabe haben sich die Herausgeber in einem informativen Auswertungsbeitrag verschrieben. Sie erläutern, „dass die unterschiedlichen Typen der Religionsentwicklung in Europa in einem engen Zusammenhang mit differierenden Typen der Wohlfahrtsstaatsentwicklung stehen“ (488). So benennen die Autoren sechs unterschiedliche religionspolitische Wohlfahrtsstaatstypen, etwa den gemischt‑konfessionellen Typus in Deutschland und den Niederlanden, den protestantisch‑monopolistischen Typus mit religiösen Abweichlern im Vereinigten Königreich, Schweden und Dänemark als Beispiel oder den katholisch‑monopolistischen Typus mit einer gespaltenen Linken in Italien, Spanien und Polen. Abschließend stellen die Herausgeber fest, dass Religionen nur unter bestimmten Konstellationen und Bedingungen eine Wohlfahrtsstaatsproduktivität entfalten. Zentral seien hierfür in je spezieller Ausformung kulturelle, institutionelle, organisatorische und personelle Faktoren. Förderlich sei zum Beispiel auf der organisatorischen Ebene, wenn sich konfessionelle Parteien bildeten, bei denen die Sozialpolitik eine wichtige Rolle einnehme.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.12.222.3312.3422.2622.612.622.632.232.352.31 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Karl Gabriel / Hans-Richard Reuter / Andreas Kurschat / Stefan Leibold (Hrsg.): Religion und Wohlfahrtsstaatlichkeit in Europa. Tübingen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37639-religion-und-wohlfahrtsstaatlichkeit-in-europa_45107, veröffentlicht am 09.10.2014. Buch-Nr.: 45107 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken