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Marcel Vondermaßen

Anerkennung der Anderen. Ein neuer Leitbegriff für die Politik?

Würzburg: Ergon Verlag 2014 (Politikwissenschaftliche Theorie 8); 315 S.; brosch., 42,- €; ISBN 978-3-95650-053-4
Diss. Freiburg i. Br.; Begutachtung: G. Riescher, R. Kather. – Marcel Vondermaßen will zeigen, „dass der Begriff der ‚Anerkennung‘ tauglich ist […], eine am Menschen des 21. Jahrhunderts orientierte, praktische Politik, eine ‚Politik der Anerkennung‘ zu begründen“ (13). Um zu einem angemessenen Verständnis des Begriffes zu gelangen, setzt er sich mit bekannten Anerkennungstheorien auseinander – etwa von Charles Taylor, Axel Honneth und Judith Butler. Unter Anerkennung versteht er dabei eine Bejahung bestimmter Eigenschaften und Fähigkeiten. Die Affirmation drücke sich in Anerkennungshandlungen aus, die wiederum als Reaktion auf die Bedürfnisse der Menschen zu verstehen seien. Ganz essenziell ist hierbei das Menschendbild Vondermaßens, wonach Menschen soziale Wesen sind, die in zahlreichen Abhängigkeiten und Beziehungen zu anderen stehen. Anerkennungsbeziehungen werden ihm zufolge dabei zur entscheidenden Grundlage für die Entstehung und das Fortbestehen von Subjekten. Im Gegensatz zum Menschenbild sei jedoch die konkrete Ausgestaltung der Anerkennungsverhältnisse kontextabhängig. In modernen Gesellschaften seien diese gekennzeichnet durch die bei Honneth herausgearbeitete Dreiteilung in die Bereiche „Liebesverhältnisse“, „Rechtsverhältnisse“ und „Wertschätzung“, wobei sich Letztere unter anderem auf die Anerkennung von Leistungen beziehe. Vondermaßen weist zudem darauf hin, dass Anerkennungstheorien neben dem subjektbezogenen Fokus auch identitätsprägende Gruppen berücksichtigen müssen, da die Zugehörigkeit zu einer Gruppe das Selbstbild eines Menschen wesentlich beeinflussen könne. Ist Anerkennung auf diese Weise einerseits zum Beispiel für eine gelungene Ausbildung des Selbstvertrauens nötig, hebt der Autor andererseits auch die möglichen negativen Folgen wie Ausgrenzung und Missachtung hervor. Diese und andere Formen der Kritik an Anerkennungstheorien werden in einem eigenen Kapitel erörtert. Vondermaßen hält diese Kritik in Teilen für berechtigt und gesteht vor allem ein, dass eine Anerkennungstheorie nicht alle gesellschaftlichen Phänomene und Konflikte erklären kann oder für sie eine Antwort parat hat. Zum Abschluss der gut lesbaren Dissertation zeigt der Autor anhand des Beispiels der Intersexualität, wie in der Praxis eine Politik der Anerkennung aussieht, die durch ihre ethische und moralische Dimension das Handeln jedes Einzelnen betrifft.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.425.46 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Marcel Vondermaßen: Anerkennung der Anderen. Würzburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37563-anerkennung-der-anderen_46073, veröffentlicht am 18.09.2014. Buch-Nr.: 46073 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken