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Holger Löttel (Bearb.)

Adenauer und die FDP

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2013 (Adenauer Rhöndorfer Ausgabe); 1.090 S.; 128,- €; ISBN 978-3-506-77874-1
Die Editionen von Dokumenten spiegeln, wie umfangreich sie auch angelegt sein mögen, immer nur einen Ausschnitt des Geschehenen. Aber trotz ihres fragmentarischen Charakters verraten die von Geschichtsschreibung und wissenschaftlicher Ausdeutung noch unberührten Briefe, Gesprächsprotokolle und Notizen doch einiges über das Denken der jeweiligen Akteure. So zeigt sich am Ende dieses Bandes über „Adenauer und die FDP“ recht deutlich der politische Zeitgeist in der späten Ära dieser langen, zwischenzeitlich unterbrochenen und immer von Konflikten geprägten Regierungskoalition im Angesicht der Spiegel‑Affäre – die eigentlich eine „Affäre Strauß“ (102) war, wie in der Einleitung konstatiert wird. In den wenigen Dokumenten aus dieser Phase zeugt der Versuch des Bundeskanzlers, die Angelegenheit zu einem fehlerhaften Informationsvorgang in der Bürokratie herabzustufen (Brief an Erich Mende vom 1. November 1962 – zur Erinnerung: der der FDP angehörende Justizminister war vor der Durchsuchung der Redaktion und der Festnahme Augsteins nicht informiert worden), von einer ganz eigenen Ignoranz, die der Krise, die „als Leerstück über das Verhältnis von Staat und Medienöffentlichkeit bekannt geworden ist“ (101), nicht gerecht wird. Zu den abgedruckten Stücken gehören hier wie durchgängig im Band nicht nur Schriften aus Adenauers Hand, sondern auch Briefe von FDP‑Politikern an den Kanzler, Informationsberichte, die der von der FDP gut informierte Journalist Robert Strobel für seine Redaktionen schrieb, sowie Mitschriften von Koalitionsrunden und vor allem von drei Gesprächsrunden im Dezember 1955, die Adenauer aufnehmen ließ. Zu den zentralen Themen zählen unter anderem das (von der Bevölkerung dann abgelehnte) Saarstatut, die Außenpolitik und die Reform des Wahlrechts, bei der CDU/CSU und FDP für jeweils die Fassung stritten, die für die eigene Partei den größten Wahlerfolg versprach. Durchzogen sind die Jahre der Regierungskoalition von Streitereien und dem tiefgreifenden Zerwürfnis zwischen Adenauer und Thomas Dehler, geeint waren CDU/CSU und FDP aber in dem Willen, das Land zu regieren.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.32.3132.331 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Holger Löttel (Bearb.): Adenauer und die FDP Paderborn u. a.: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37538-adenauer-und-die-fdp_44950, veröffentlicht am 18.09.2014. Buch-Nr.: 44950 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken