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Michael Jürgs

Sklavenmarkt Europa. Das Milliardengeschäft mit der Ware Mensch

München: C. Bertelsmann 2014; 352 S.; geb., 19,99 €; ISBN 978-3-570-10187-2
Etwa 30 Milliarden Dollar bringt die „Ware Mensch“ weltweit jährlich ein. Darin zusammengefasst sind „Gewinne aus freiwilliger wie aus erzwungener Prostitution, Erlöse aus freiwilligen wie aus erzwungenen Arbeitsleistungen, aus Kinder‑ wie aus Organhandel, aus dem Handel mit Haussklaven und Scheinehen wie aus dem Geschäftszweig Menschenschmuggel der Schleuserbanden“ (11), so Michael Jürgs. Der Journalist ist bekannt für seine differenzierten Darstellungen hochaktueller Probleme (siehe beispielsweise Buch‑Nr. 35254). So vergleicht er sachlich die Geschichte des Sklavenhandels mit dem heutigen Menschenhandel, um dann umso heftiger zu folgern: „Menschenhändler müssten wie internationale Terroristen bekämpft werden, mit allen erlaubten Mitteln, und angesichts der Not ihrer Opfer manchmal wohl auch mit den unerlaubten.“ (37) Die Beispiele und Zahlen, die er anführt, sind erschreckend, zeigen sie doch, wie engmaschig das Netz aus Verbrechen mittlerweile ist. Die Menschenhändler nutzen die Infrastruktur, die „klassischen Routen des Rauschgift‑ und Waffenhandels“ (53), sie werden gedeckt durch weitverbreitete Korruption und organisieren sich zunehmend über das Internet. Jürgs nennt daher Flexibilität als ein wichtiges Werkzeug bei der Bekämpfung von Schleuserbanden, genauso wie Zeit und der Einsatz von Spezialisten aus verschiedenen Bereichen, zum Beispiel Steuerfahnder, sowie eine gut organisierte, konkurrenzfreie Zusammenarbeit unterschiedlicher Ermittlungsbehörden. Da er die Geschehnisse, die sich direkt vor unserer Tür abspielen, unumwunden schildert, wundert der durchscheinende Zynismus nicht, wenn er etwa die Lage auf dem Balkan beschreibt: „Um Soldaten den Wareneinkauf so bequem wie möglich zu machen, haben die fürs Prostitutionsgeschäft zuständigen OK‑Manager sogar Käfige voller Frauen in fußläufiger Umgebung der Kasernen, Garnisonen, Stützpunkte angesiedelt.“ (141) Jürgs scheint resigniert ob der geringen Chancen, den „Sklavenmarkt Europa“ effektiv zu bekämpfen, „das europäische Netz, in dem sich die Bösen verfangen sollen, hat zu viele Löcher“ (336). Hoch anzurechnen ist es ihm daher, in detaillierter und gut recherchierter Weise nicht nur die politikwissenschaftlich interessierten Leserinnen und Leser auf das System Menschenhandel aufmerksam zu machen.
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.24.422.612.67 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Michael Jürgs: Sklavenmarkt Europa. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37458-sklavenmarkt-europa_45671, veröffentlicht am 28.08.2014. Buch-Nr.: 45671 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken