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Juan Pablo Cardenal / Heriberto Araújo

Der große Beutezug. Chinas stille Armee erobert den Westen. Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm und Karin Miedler

München: Carl Hanser Verlag 2014; 390 S.; geb., 24,90 €; ISBN 978-3-446-43871-2
Der erste Eindruck aus dem Vorwort zur deutschen Ausgabe und der Einleitung der Autoren, dass diese umfangreiche Reportage über „den großen Beutezug“ Chinas in der Welt mit Ressentiments über „das China“ und „die Chinesen“ aufgeladen ist, verflüchtigt sich bei der Lektüre. Damit aber sind die Entwicklungen, die Juan Pablo Cardenal und Heriberto Araújo bei ihren Reisen in asiatische, afrikanische und lateinamerikanische Länder beobachtet und in über 500 Interviews erfragt haben, keineswegs angenehmer nachzulesen: Die beiden Journalisten beschreiben die Expansion der Art und Weise, wie das autoritäre Regime wirtschaftet, über die eigenen Landesgrenzen hinaus. Genährt von der Absicht, sich weltweit Ressourcen für die eigene Entwicklung zu sichern und die eigene Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen, haben chinesische Unternehmen – private wie staatliche, wobei die Grenzen zwischen ihnen nicht immer eindeutig sind – vor allem in ärmeren Ländern des Südens inzwischen zahlreiche Verträge abgeschlossen. Auf den ersten Blick wirken diese wie ein fairer Deal: Kredite und/oder Ausbau der Infrastruktur gegen Ausbeutung der Rohstoffe – unter Zusage der chinesischen Regierung, sich nicht in die inneren Angelegenheit des jeweiligen Partners einzumischen. Für Länder, die die Auflagen der westlichen Staaten und Institutionen als Vorbedingung für die Erteilung von Krediten nicht folgen wollen, eröffnet sich damit eine Hintertür. Cardenal und Araújo konnten allerdings auf ihren Reisen feststellen, dass damit keineswegs gerechte Handelsbeziehungen entstehen, sondern vor allem der Korruption Vorschub geleistet wird. Außerdem werden die ökologischen wie sozialen Folgen der Projekte, sei es bei dem Abbau eines Rohstoffes oder dem Bau eines Staudamms, ignoriert – wie in China selbst. Ausgeführt werden diese Unternehmungen zudem von chinesischen Firmen mit einem hohen Anteil an chinesischen Arbeitsmigranten, die zwar viel mehr verdienen als in der Heimat, aber unter ähnlich schlechten Bedingungen arbeiten müssen. Der Transfer ihrer faktisch rechtlosen Stellung betrifft auch die einheimischen Arbeitskräfte, die von ihren eigenen Regierungen, die ohnehin auf die Setzung eigener Standards verzichten, nicht geschützt werden. Ein anderer Transfer wird allerdings vermieden: der des Knowhows. Dass der chinesische Staat und seine Unternehmer auf Kosten der eigenen wie der fremden Bevölkerungen und der Natur ungehindert ihre Interessen verfolgen können, erklären die beiden Journalisten unter Hinweis auf die Diktatur: Chinas herrschende Elite hat weder öffentliche Kritik noch Kontrolle zu fürchten.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.434.222.682.672.652.252.262 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Juan Pablo Cardenal / Heriberto Araújo: Der große Beutezug. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37248-der-grosse-beutezug_45528, veröffentlicht am 03.07.2014. Buch-Nr.: 45528 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken