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Debra Satz

Von Waren und Werten. Die Macht der Märkte und warum manche Dinge nicht zum Verkauf stehen sollten. Aus dem Englischen von Michael Adrian und Bettina Engels

Hamburg: Hamburger Edition 2013; 318 S.; 32,- €; ISBN 978-3-86854-262-2
Die theoretische Attraktivität von Märkten beruht zweifellos auf der Verbindung der Postulate Effizienz, Freiheit und Egalität. Die dezentrale Koordination einer letztlich unbegrenzten Anzahl von Transaktionen ist bürokratischen Allokationen überlegen, weil sie als spontane Ordnung auf individuellen Entscheidungen beruht und gerade die unpersönlichen, allein präferenzgesteuerten Tauschbeziehungen die Gleichheit der Marktteilnehmer sichert. In dieser neoklassischen Perspektive gibt es – das ist einer der zentralen Einwände, die die an der Stanford University Philosophie lehrende Autorin gegenüber der ökonomischen Theorie erhebt – keine immanenten Grenzen für die Reichweite des Marktes. In überzeugender und klar strukturierter Weise formuliert sie starke Argumente gegen die Annahme, Märkte seien grundsätzlich eine homogene Institution. Ihre zentrale Intention zielt auf die Entwicklung von Kriterien, die uns eine Unterscheidung zwischen „normalen“ und „toxischen Märkten“ – etwa solchen für Sex, Waffen, Umweltverschmutzung – erlauben. Diesen Kriterien vorgeschaltet ist zum einen eine kritische Diskussion von Annahmen der Wohlfahrtsökonomie und der Neoklassik; dabei arbeitet Debra Satz prägnant die Differenzen zwischen der klassischen politischen Ökonomie (Smith, Ricardo, Marx) und der Grenznutzentheorie heraus. Zum anderen setzt sie sich mit zwei egalitaristischen Positionen (Dworkin; Walzer) auseinander, die beide nur unzureichend die inakzeptablen Konsequenzen bestimmter Märkte bestimmen können. Im Horizont der aktuellen Gleichheitsdebatte begründet sie dann plausibel, dass sich die Kritik auf spezifische Märkte (und nicht auf das Marktprinzip) beziehen muss. Mit toxischen Märkten haben wir es zu tun, wenn sie das Prinzip des gleichen Status verletzen – sei es in ihren Auswirkungen (extreme Schäden für den Einzelnen oder die Gesellschaft), sei es, dass sie eine stark eingeschränkte Handlungsfähigkeit oder extreme Verwundbarkeit der Marktteilnehmer voraussetzen. Diese Kriterien wendet sie abschließend in der Analyse konkreter toxischer Märkte (weibliche Reproduktion, Prostitution, Kinderarbeit, Schuldknechtschaft, menschliche Organe) an.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.25.42 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Debra Satz (Hrsg.): Von Waren und Werten. Hamburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37196-von-waren-und-werten_44699, veröffentlicht am 19.06.2014. Buch-Nr.: 44699 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken