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Tobias Jaecker

Hass, Neid, Wahn. Antiamerikanismus in den deutschen Medien

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2014; 409 S.; kart., 29,90 €; ISBN 978-3-593-50066-9
Diss. FU Berlin; Begutachtung: H. Haarmann, L. Rensmann. – Mit dem NSA‑Skandal ist das deutsch‑amerikanische Verhältnis wieder in das Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt – und mit ihm auch der Antiamerikanismus. Der Publizistik‑ und Kommunikationswissenschaftler Tobias Jaecker, seit über zehn Jahren als freier Redakteur beim RBB tätig, konstatiert sogar: Von „links bis rechts, quer durch die Gesellschaft“ seien antiamerikanische Meinungen „breit akzeptiert“ (12). Er untersucht nun nicht das Amerikabild insgesamt, sondern fragt vielmehr, „wie der Antiamerikanismus auf der diskursiven Ebene funktioniert – und welche Funktion er für die Individuen und in der Gesellschaft erfüllt“ (13). Dazu analysiert er für den Zeitraum 2001 bis 2010 den „Mainstream des medialen Diskurses in Deutschland“ (34): überregionale Tages‑ und größere Regionalzeitungen, Wochenmagazine wie Spiegel und Stern sowie Internet‑Nachrichtenseiten; daneben werden aber auch zahlreiche populärwissenschaftliche Sachbücher und deren antiamerikanische Färbung zitiert. Mit seiner Kritischen Diskursanalyse ziele er nicht auf eine repräsentative Beschreibung, sondern auf die „Herausarbeitung des antiamerikanischen Sagbarkeitsfeldes sowie der Elemente des antiamerikanischen Deutungsmusters im medialen Diskurs in Deutschland“ (31) – anhand der drei Diskursbereiche Politik, Wirtschaft und Kultur. Im Anschluss an den empirischen Teil arbeitet Jaecker die Strukturprinzipien und Erscheinungsformen des Antiamerikanismus heraus, umreißt dessen historische Genese auf der Basis vorhandener Forschungsliteratur und fasst abschließend seine Sichtweise in sechs übergreifenden Thesen zusammen. Die Lektüre zeigt, was der Titel mit den Schlagworten Hass, Neid und Wahn schon – recht holzschnittartig – umschreibt: Jaecker will eine Ungerechtigkeit (oder zumindest ein Ungleichgewicht) vor Augen führen und verfolgt einen nachvollziehbar kritischen Zugang zum medialen Diskurs. Dabei geht er aber mitunter in die gleiche Falle der Verallgemeinerungen, die er bei den analysierten Beiträgen kritisiert. Denn er zeigt in seiner Untersuchung auch immer nur (verbale) Ausschnitte, ignoriert Kontexte, interpretiert Worte in eine bestimmte Richtung. Auch weil jeder Einzeldiskurs auf etwa vier bis sechs Seiten abgehandelt wird, kann die Analyse – zumal bei Großthemen wie Umgangsformen, Finanzkrise oder US‑Popkultur – nur schlaglichtartig bleiben. Insgesamt bilanziert Jaecker, dass „die antiamerikanischen Zuschreibungen zwar je nach Thema, Ereignis oder Akteur variieren, jedoch auf einigen grundlegenden Meta‑Stereotypen aufbauen“ (262): Amerika sei profit‑ und machtversessen, oberflächlich, materialistisch und dekadent. Der Antiamerikanismus habe dabei „die ideologische Funktion, die unübersichtliche Lebenswirklichkeit im 21. Jahrhundert scheinbar schlüssig zu erklären“, indem „ein vermeintlich Schuldiger“ (373) benannt werde.
Frank Kaltofen (FK)
Politikwissenschaftler, Promotionsstudent, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.3332.642.35 Empfohlene Zitierweise: Frank Kaltofen, Rezension zu: Tobias Jaecker: Hass, Neid, Wahn. Frankfurt a. M./New York: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37140-hass-neid-wahn_45536, veröffentlicht am 28.05.2014. Buch-Nr.: 45536 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken