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Sonia Sotomayor

Meine geliebte Welt. Aus dem Englischen von Sabine Roth und Rudolf Hermstein

München: C. H. Beck 2013; 333 S.; geb., 19,95 €; ISBN 978-3-406-65947-8
Als Sonia Sotomayor 2009 von Barack Obama als Richterin für den Supreme Court benannt wurde, war sie die erste Person hispanischer Abstammung auf dieser Position. Ihre Memoiren bieten aber – das sei vorweg geschickt – keinen Rückblick auf ihre Arbeit am Obersten Gerichtshof. Die bis Anfang der 1990er‑Jahre geschilderte Lebensgeschichte ist freilich schon eindrucksvoll genug. Aufgewachsen ist sie im „Mikrokosmos des lateinamerikanischen New York“ (18), der südlichen Bronx, wo daheim Spanisch gesprochen wurde, da die meisten Verwandten kaum Englisch beherrschten. Bereits im Kindesalter wurde bei Sotomayor Diabetes diagnostiziert – eine weitere Herausforderung neben den familiären Spannungen, ausgelöst durch den Alkoholismus des Vaters, der starb, als die Tochter neun Jahre alt war. Dennoch „gab es Quellen großen Glücks in meiner Kindheit, und sie haben einen Optimismus in mir erzeugt, der sich stärker erwies als sämtliche Widrigkeiten“ (7). Dieser Optimismus durchzieht das gesamte Buch, das ein sehr emotionales, persönliches ist und nicht ohne Pathos auskommt. Sotomayor liefert Reflexionen über die menschliche Natur, ihr Privat‑ und Familienleben sowie den eigenen Werdegang. Über Politik erfährt man dagegen nicht viel – mit ihrem ersten Richteramt am Bezirksgericht des Southern District of New York im Herbst 1992 enden die Schilderungen: Es sei „nicht angebracht, über einen Weg zu reflektieren, der noch nicht zu Ende gegangen ist“ (9). Vermutlich entspringt diese Beschränkung auch der Rücksicht auf die potenzielle Sprengkraft, die mit der Thematisierung aktuellerer Entwicklungen und aktiver politischer Akteure einherginge. Porträts zu Personen des öffentlichen und politischen Lebens finden sich ohnehin kaum in dem Buch, auch Jahreszahlen sind rar gesät – umso schmerzlicher vermisst man ein Sach‑ oder Namensregister. Als Memoiren sind die Darstellungen natürlich selektiv und subjektiv durch Sotomayors Sichtweise gefärbt; die Autorin reflektiert diesen Umstand auch mehrfach. Letztlich sind sie auch kein im engeren Sinne politisches (und natürlich erst recht kein wissenschaftliches) Werk. Es ist die Geschichte einer Frau, deren Mutter noch in einer Hütte ohne fließendes Wasser aufgewachsen war, und die es dennoch nach Princeton und Yale und letztlich an den Obersten Gerichtshof geschafft hat. Es ist ein Buch über den „American Dream“, mit einer vielleicht typisch US‑amerikanischen Grundbotschaft: „Menschen mit einem schweren Schicksal sollen wissen, dass ein Happy End kein Ding der Unmöglichkeit ist.“ (8)
Frank Kaltofen (FK)
Politikwissenschaftler, Promotionsstudent, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.1 | 2.64 Empfohlene Zitierweise: Frank Kaltofen, Rezension zu: Sonia Sotomayor: Meine geliebte Welt. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37108-meine-geliebte-welt_45432, veröffentlicht am 22.05.2014. Buch-Nr.: 45432 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken