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Oskar Niedermayer / Benjamin Höhne / Uwe Jun (Hrsg.)

Abkehr von den Parteien? Parteiendemokratie und Bürgerprotest

Wiesbaden: Springer VS 2013; 316 S.; 39,99 €; ISBN 978-3-658-02408-6
Der Band liefert wichtige Analysen für das gewandelte (Selbst‑)Verständnis der Rolle von Parteien in Deutschland. Die elf Beiträge gliedern sich in zwei größere Themenkomplexe, die sich einerseits der gesellschaftlichen Verankerung der Parteien und andererseits deren Innovations‑ und Reformpotenzialen widmen. Vorangestellt ist ein Beitrag von Elmar Wiesendahl, der sich sowohl theoretisch als auch empirisch mit der Verschränkung von Parteien und Demokratie auseinandersetzt. Dabei formuliert er unter anderem Rahmenbedingungen, die eine effiziente Parteiendemokratie ausmachen („Partyness of Government“ und „Societyness of Party Government“, 22 f.). Oskar Niedermayer stellt in seiner Analyse der Parteienverdrossenheit fest, dass dieses Phänomen nicht in einem solch gravierenden Maße auftritt, wie gemeinhin gedacht wird, und konstatiert, dass die Bürger durchaus zu differenzierten Beurteilungen der Parteien in der Lage sind. Nichtsdestotrotz ist ein sinkendes Vertrauen der Bürger in die Parteien zu beobachten, mit deren Gründen sich Heiko Biehl beschäftigt. Sebastian Kuhn und Angelika Vetter legen dar, dass die Partei‑Wähler‑Bindung auch auf kommunaler Ebene zunehmend nachlässt, insbesondere bei SPD und CDU/CSU. „Was tun?“, so könnte die Überschrift des zweiten Themenkomplexes lauten. Saskia Richter zeigt, dass das Entstehen neuer Parteien zu einer neuen Konkurrenzsituation, gleichzeitig aber auch zu einer Belebung der alten Parteien im Hinblick auf neue Policyfelder führt. Zudem leisten Sozialunternehmen wie abgeordnetenwatch.de einen wichtigen Beitrag zur Kontrolle der Parteien, können jedoch aufgrund ihrer mangelnden demokratischen Legitimation nur als Ergänzung, nicht als deren Ersatz angesehen werden. Dass die Etablierung neuer Parteien kein Selbstläufer ist, zeigt Uwe Juns Analyse der Piratenpartei. Die Beiträge von Benjamin Höhne, Sebastian Bukow sowie Ed Turner et al. widmen sich unterschiedlichen Aspekten innerparteilicher Reformprozesse und beleuchten, wie schwierig es ist, Reformen zum Beispiel im Sinne von Öffnungen der Parteien gegen innerparteiliche Widerstände umzusetzen. Insgesamt könnte man festhalten, dass die Abkehr der Bürger von den Parteien kein unaufhaltsamer Prozess ist. Es gibt viele Optionen außer‑ und innerhalb der Parteien, um deren Rolle und gesellschaftliche Verankerung in der Bundesrepublik neu und gegebenenfalls zeitgemäßer zu definieren. Der Band zeigt, dass der öffentliche Diskurs über das Phänomen differenziert und unaufgeregter geführt werden sollte, zugleich bereits umgesetzte innerparteiliche Reformen im Hinblick auf eine tatsächliche Neubelebung der Parteiendemokratie weiterhin kritisch‑konstruktiv zu begleiten sind.
Christoph Mohamad-Klotzbach (CHM)
M. A., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft und Sozialforschung, Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Rubrizierung: 2.3312.322.222.61 Empfohlene Zitierweise: Christoph Mohamad-Klotzbach, Rezension zu: Oskar Niedermayer / Benjamin Höhne / Uwe Jun (Hrsg.): Abkehr von den Parteien? Wiesbaden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37087-abkehr-von-den-parteien_45345, veröffentlicht am 15.05.2014. Buch-Nr.: 45345 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken