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Ines Härtel (Hrsg.)

Handbuch Föderalismus – Föderalismus als demokratische Rechtsordnung und Rechtskultur in Deutschland, Europa und der Welt. Band I: Grundlagen des Föderalismus und der deutsche Bundesstaat

Heidelberg u. a.: Springer 2012; XLV, 838 S.; 139,95 €; ISBN 978-3-642-01572-4
Angesichts einer Tendenz zu extremer Verdichtung und immer kürzerer Taktung von Informationshäppchen, die auch Einzug im Wissenschaftsbetrieb erhält, wirkt ein vierbändiges Handbuch mit jeweils weit über 800 Seiten wie aus einer Zeit alter Universalgelehrsamkeit. Die Themen, die die Herausgeberin zusammen mit ihrem interdisziplinären Autor_innenkreis dem zugegebenermaßen etwas sperrigen Phänomen des Föderalismus abringt, geben Auskunft über den Facettenreichtum dieses gesellschaftlichen, politischen und verfassungsrechtlichen Struktur‑ und Gestaltungsprinzips. Die Mehrzahl der versammelten Beiträge nähert sich den verschiedenen föderalismustheoretischen Aspekten aus verfassungsrechtlicher Perspektive. Aber auch Wirtschafts‑, Politik‑, Geschichtswissenschaftler_innen und Philosoph_innen steuern einzelne Analysen bei. Da sich der erste Band den Grundlagen des Föderalismus widmet, wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Beiträge mit den abstrakten, disziplinspezifischen Theoriezugängen durch eine entsprechende Reihung besser gegenübergestellt worden wären. So bleiben die bemerkenswerten Überblicksaufsätze von Julian Nida‑Rümelin und André Kaiser etwas verloren neben zum Teil sehr spezifischen, auf die Bundesrepublik bezogenen Aufsätzen stehen. Zudem schaffen es die beiden Aufsätze, die sich aus ökonomischer Perspektive dem Phänomen nähern – ein Beitrag von Charles Blankart und Erik Fasten einerseits sowie ein Aufsatz von Michael Hüther und Klaus Hafemann andererseits – leider nicht wirklich, eine weitgehend neutrale Darstellung der ökonomischen Föderalismus‑Theoreme vorzunehmen. Denn immer wieder gleiten die Autor_innen in einen ontologisch‑normativen Duktus ab. Offenbar fällt es ihnen schwer, ihre eigene Rolle als Protagonisten der ökonomischen Politikberatung in der deutschen Föderalismusdebatte abzulegen. Die diversen Bezugnahmen auf den deutschen Bundesstaat in diesem Grundlagenband bestätigen leider auch eine Kritik, die andernorts schon mehrfach geäußert wurde: die Föderalismusforschung in der Bundesrepublik arbeitet zu wenig vergleichend. Gleichwohl haben auch die historischen Beiträge beispielsweise von Bernd Grzeszick, Siegfried Weichlein und Dieter Langewiesche ihren Wert – veranschaulichen sie doch auch das Dilemma, vor der die Analyse föderaler Systeme mit der notwendigen Würdigung der jeweiligen institutionellen Pfadabhängigkeit auch immer wieder steht. Angesichts des schieren Umfangs bleibt es nicht aus, dass gerade diese Beiträge gewisse Überlappungen und Doppelungen aufweisen. Durch eine striktere editorische Eingrenzung der Themen hätte hier sicherlich so manche Redundanz vermieden werden können.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 1.1 | 2.325 | 2.32 | 2.3 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Ines Härtel (Hrsg.): Handbuch Föderalismus – Föderalismus als demokratische Rechtsordnung und Rechtskultur in Deutschland, Europa und der Welt. Heidelberg u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37079-handbuch-foederalismus--foederalismus-als-demokratische-rechtsordnung-und-rechtskultur-in-deutschland-europa-und-der-welt_45120, veröffentlicht am 15.05.2014. Buch-Nr.: 45120 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken